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Berlin: „Sieht doch gepflegt aus“

Bäume weg, Sichtachsen her – der östliche Tiergarten soll repräsentativer werden. Viele Nutzer sind dagegen

„Hier kian die Hunde glei’ neipinkle“, sagt Frau Muschalla und weist auf eine einladende Gestrüppinsel. Auch die staubigen Trampelpfade und ausgedehnten Brennnesselfelder finden ihre volle Anerkennung. Die Muschallas aus Leipzig, mal wieder auf Berlin-Besuch, finden den östlichen Tiergarten urwüchsig und naturbelassen. Frau Muschallas erster Eindruck: „Sieht doch gepflegt aus.“

Bei solchen Meinungsäußerungen könnte sich Gartendenkmalpfleger Klaus von Krosigk die Haare raufen. Berlin sei nicht Kleinkleckersdorf, sondern Hauptstadt und könne sich in seiner Mitte nicht einfach mit einem unkontrolliert wuchernden Wald-und-Wiesen-Komplex zufrieden geben. Deshalb soll der bisher vernachlässigte östliche Tiergarten etappenweise dem Niveau der westlich gelegenen Parkanlagen angepasst werden.

Zunächst werden nach historischem Vorbild alte Wegeverbindungen und Sichtachsen wiederhergestellt oder neu angelegt. 800 Bäume sollen an diesen Flanieralleen gepflanzt werden – dafür müssten allerdings einige Dutzend alte Bäume fallen, heißt es. Wie viele genau, sagen die Verantwortlichen nicht. Insgesamt dürfte die Baumbilanz positiv ausfallen. In den Plänen der Senatsverwaltung ist von 6000 Neupflanzungen die Rede, verteilt über das gesamte Gelände zwischen Entlastungsstraße und Ebertstraße.

Die Langgraswiesen und Trampelpfade sollen verschwinden. Entstehen wird ein „zentraler Wiesenraum“, an dessen Rändern sich „parkwaldartige“ Baumgruppen befinden. Der Goldfischteich am Floraplatz soll in historischen Konturen wiedererstehen. Inklusive der Sanierung von Skulpturen und Denkmälern werden fünf Millionen Euro in das Vorhaben gesteckt. Doch die Finanzierung ist nicht gesichert. Senatsbaudirektor Hans Stimmann: „Wir bauen stückweise. Immer wenn Geld da ist, machen wir weiter.“ Genutzt wird der östliche Tiergarten derzeit zum Querfeldeinjoggen oder als Hundeauslaufgebiet. Von einem „gepflegten“ Park ist das Gelände weit entfernt. Selbst das Goethe-Denkmal am östlichen Rand ist ramponiert. Die Beetumgrenzung wird mit einem zerbeulten Karnickelzaun angedeutet. Andere Skulpturen wie die Löwengruppe sind mit Graffiti besprüht.

Doch viele Nutzer stören sich nicht daran. Hundebesitzerin Marina Baaden aus Köln: „Ich würde alles so lassen.“ Das Gefühl, durch einen Wald zu laufen und doch mitten in der Stadt zu sein, findet sie toll. Auch Nordicwalkerin Jenny ist ein Netz aus Trampelpfaden lieber als kapriziöses Mosaikpflaster. „Ich find’s so viel schöner.“

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