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Berlin: Silvesterparty mit Botschaft

700 000 Menschen feierten am Brandenburger Tor und spendeten per SMS 350 000 Euro für Flutopfer. In der Stadt war es insgesamt ruhiger als in den Vorjahren. Polizei und Feuerwehr hatten weniger zu tun

„Absolut gigantisch!“ Joachim Tomesch, Leiter der Spendenabteilung bei Unicef, kann noch gar nicht richtig fassen, wie viel Geld in der Silvesternacht für die Flutopfer in Asien zusammenkam. 350000 Euro sind nach den letzten Hochrechnungen allein auf der Festmeile am Brandenburger Tor per SMS gespendet worden. 700 000 Menschen feierten dort – rund 300 000 weniger als im Vorjahr. Der Partyveranstalter „Silvester in Berlin GmbH“, Geschäftsleute mit Ständen auf der Straße des 17. Juni und Sponsoren legten selbst zusammen und überreichen Unicef einen Scheck über 50000 Euro.

In der Silvesternacht riefen sie zu SMS-Spenden per Mobiltelefon an Unicef unter der Nummer 81190 auf. Wer eine SMS mit den Buchstaben „UNICEF“ an die Nummer schickt, zahlt 2,99 Euro, die von der Handyrechnung abgezogen werden. Von diesem Betrag fließen jeweils 2,65 Euro an Unicef. „Wir haben an jedem Stand Plakate mit der Nummer aufgehängt“, sagt Claudia Bender, Sprecherin von „Silvester in Berlin“. Dazu wurden Unicef-Spots auf den Leinwänden übertragen. Über 135000 Textnachrichten sind nach den letzten Hochrechnungen eingegangen.

Darüber hinaus meldete sich bei Unicef eine Gruppe von Freiwilligen, die in den Nachtclubs sammeln wollte. PR-Beraterin Christa Speidel hatte mit zwei Freundinnen und Olaf Kretschmar vom Berliner Betreiberverbund Club Commission Nachtlokale angesprochen. „Die Resonanz war enorm“, sagt sie, „Über 40 Clubs wollten mitmachen. Uns sind die Spendendosen ausgegangen: Ich habe alle meine alten Schuhkartons verarbeitet.“

Falk Walter von der Arena in Treptow überließ Unicef jeweils einen Euro des Eintrittsgeldes vom 31. Dezember. Spendendosen wurden zum Beispiel im Sage Club, im Matrix, dem 90 Grad und der Trompete aufgestellt. Christa Speidel zog selbst mit einer Büchse durch die Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg. Ihr Fazit: „Die meisten haben etwas gegeben.“ Heute Nacht stehen noch in einigen Berliner Clubs Spendendosen. Bis Montag sammeln die Helfer die Büchsen ein, dann wird ausgezählt.

Eine ruhige Silvesternacht – das Fazit wurde fast überall gezogen. Die Feuerwehr musste 50 Prozent weniger Brände löschen, die Polizei deutlich weniger Schlägereien schlichten. Auffällig waren zwei Messerstechereien in Charlottenburg und Mitte, bei denen drei Menschen verletzt wurden. Die Polizei schrieb 131 Strafanzeigen wegen Böllerns, das sind 36 weniger als im Vorjahr. Schwerverletzte durch Kracher gab es nicht.

Viele Berliner hatten den Eindruck, dass insgesamt weniger geböllert wurde, die Straßen schienen viel sauberer als im Vorjahr. Die Straßenkehrer bestätigten dies: „Weniger Böller, mehr Flaschen“, sagte eine der befragten Fege-Kolonnen am Potsdamer Platz. Eine andere Truppe, die den Tiergarten in Sichtweite der zentralen Festmeile säuberte, formulierte es so: „Es wurde weniger geknallt und mehr gesoffen.“ Die BSR meldete am Abend, dass die etwa 600 Müllmänner etwa 320 Tonnen Müll gekehrt haben, das sind 80 Tonnen mehr als vor einem Jahr. Das Müll-Plus lag jedoch überwiegend an der Festmeile und in den Seitenstraßen herum, sagte BSR-Sprecher Müller. In vielen Wohngebieten sei es dagegen sauberer gewesen.

Exakte Zahlen über das in Berlin insgesamt verkaufte Feuerwerk lagen gestern noch nicht vor. Bundesweit hatte der Verband für pyrotechnische Industrie (VPI) seine Schätzung aufrechterhalten, dass auch 2004 etwa 100 Millionen Euro verfeuert worden seien – dass also nicht zugunsten von Spenden für die Flutopfer auf Pyrotechnik verzichtet worden sei. In den Vorjahren wurden nach Schätzung der Feuerwehr 3000 Tonnen Feuerwerk in Berlin gezündet – pro Kopf rund ein Kilo.

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