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Berlin: Skelette stammen aus dem 18. Jahrhundert

Bauarbeiter stießen auf einen historischen Friedhof unter dem Strausberger Platz. Im Mittelalter lag auch der Richtplatz in der Nähe

Das Rätsel um die am Strausberger Platz gefundenen Schädel und Skelette scheint geklärt: Es handelt sich vermutlich um die Gebeine von Toten, die zu Beginn des 18.Jahrhunderts dort bestattet worden waren. Karin Wagner vom Archäologischen Landesamt sagte gestern, am nördlichen Strausberger Platz habe früher ein Friedhof gelegen. Dieser sei auf dem von Samuel Reichsgraf von Schmettau, einem Feldmarschall im Dienste Friedrichs II., im Jahr 1748 gezeichneten Stadtplan auch eingetragen.

Die Gebeine waren, wie berichtet, am Montag gefunden worden, als Arbeiter im Auftrag der Gasag neue Rohre verlegen wollten. Von Beginn bestand wenig Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei den Toten um Opfer des Weltkrieges handelt, die bei den Kämpfen um Berlin gefallen waren. Es wurden keinerlei Metallteile – weder Waffen noch metallene Uniformteile, Munition oder Erkennungsmarken von Soldaten – gefunden.

Dies alles sind Hinweise darauf, dass es sich nicht um Kriegsopfer handelte. Was aber nicht ausschließe, dass möglicherweise doch Frauen und Kinder, die bei Bombenangriffen ums Leben kamen, eilig dort vergraben worden seien, sagte Karin Wagner. Das Bruchstück einer am Mittwoch in der Erde gefundenen Tonscherbe allerdings habe die Arbeit stark erleichtert. Ein Archäologe konnte sie auf das frühe 18. Jahrhundert datieren. Dies passe zeitlich, denn auch im Schmettau-Plan sei dieser Friedhof bereits verzeichnet. Im Mittelalter habe sich in unmittelbarer Nähe des heutigen Strausberger Platzes auch eine Berliner Richtstätte befunden. Diese habe allerdings nichts mit dem später angelegten Friedhof und den jetzt gefundenen Skeletten zu tun.

Die Archäologen vermuten, dass die am Montag in einer Grube gefundenen Schädel und Knochen schon Anfang der 50er Jahre beim Bau der Häuser und bei der Verlegung der Versorgungsleitungen um den Strausberger Platz gefunden wurden. Damals sei ihnen aber keine Beachtung geschenkt worden, sondern sie wurden aus der einen Grube ausgehoben und in der daneben liegenden gleich wieder verscharrt. Mitten durch die Reste der ebenfalls gefundenen Särge führt auch eine 50 Jahre alte Gasleitung, die erneuert werden sollte. Seit Montag werden die Schädel von bisher 20 Verstorbenen und zahlreiche durcheinander liegende menschliche Knochen geborgen,

Der Bereich wird in die Bücher als archäologische Verdachtsfläche eingetragen, sagte Karin Wagner. Das bedeute für mögliche Bauherren, dass sie beim Ausschachten die Gebeine bergen und bestatten müssten oder ohne Keller nur mit einer Bodenplatte bauen. An einer künftigen Nutzung ändere das aber nichts. Der Friedhof zieht sich nach Einschätzung der Archäologen noch etwa rund 150 Meter weiter in Richtung Westen, Osten und Norden. Als Südgrenze gilt die Karl-Marx-Allee. Gestern erklärte sich die Geschäftsleitung der Gasag bereit, die Bestattung der gefunden sterblichen Überreste zu übernehmen. Der Gasag-Bauleiter Steffen König sagte: „Wir werden sie einer würdigen Bestattung zuführen und nicht wieder verscharren.“ Dies sei das Mindeste, was man für die Verstorbenen tun könne.weso

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