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Berlin: Skepsis und Kritik

Die Aussage des türkischen Regierungschefs, in Deutschland brauche es mehr türkische Gymnasien, hat scharfe Kritik hervorgerufen. „Das Erlernen der türkischen Sprache führt nicht bei jedem Jugendlichen zu dem gewünschten Integrationserfolg“, sagt etwa Bildungssenator Jürgen Zöllner.

Die Aussage des türkischen Regierungschefs, in Deutschland brauche es mehr türkische Gymnasien, hat scharfe Kritik hervorgerufen. „Das Erlernen der türkischen Sprache führt nicht bei jedem Jugendlichen zu dem gewünschten Integrationserfolg“, sagt etwa Bildungssenator Jürgen Zöllner. Grundsätzlich sei die Ausweitung des Angebots an türkischem Sprachunterricht wünschenswert, allerdings als Zweitsprache, wenn genug Nachfrage bestehe.

Recep Tayyip Erdogans hatte in einem „Zeit“-Interview bemängelt, in Deutschland fehle die Einsicht, dass hier lebende Türken zuerst ihre eigene Sprache beherrschen müssen, bevor sie gut Deutsch lernen. „In der Türkei haben wir deutsche Gymnasien – warum sollte es keine türkischen Gymnasien in Deutschland geben?“, fragte Erdogan. 2008 hatte er das schon mal gefordert. Bei dem Vergleich bezieht er sich auf das „Alman Lisesi“ in Istanbul, eine deutschsprachige Eliteschule, die einst für Diplomatenkinder eingerichtet wurde.

Berliner Politiker halten es für falsch, mehr türkische Schulen einzurichten. „Ich finde es auch schade, dass viele türkische Kinder ihre Muttersprache nicht gut beherrschen“, sagte etwa Bilkay Öney von der Berliner SPD. Aber man brauche dafür keine ethnischen Schulen. „Es reicht, wenn an deutschen Schulen türkische Sprachkenntnisse vermittelt werden.“ Angebote dafür gäbe es bereits. Dem bildungspolitischen Sprecher der Grünen, Özcan Mutlu, ist das Thema sehr wichtig. Er macht bei der Kampagne „Raus mit der Sprache. Rein ins Leben“ mit, die am Mittwoch von der Deutschlandstiftung Integration begonnen wurde. Doch Erdogans Beharren auf gesonderte türkische Bildungseinrichtungen sieht Mutlu mit Unbehagen: „Die meisten Schulen, die in Deutschland von Türken gegründet werden, gehören zur Gülen-Sekte“, sagt er. Allein in Berlin gäbe es bereits drei solcher Einrichtungen. „Dass Erdogan weitere fordert, macht mich skeptisch.“

Die Bewegung um den selbst ernannten islamischen Reformer Fethullah Gülen ist auch in der Türkei höchst umstritten. Seine Anhänger betreiben weltweit tausende Nachhilfe-Institute, Schulen und Universitäten. Dabei geht es der Gülen-Bewegung vor allem darum, eine muslimische Elite heranzuziehen, wie sie selbst erklärt. Kritiker sehen in ihr eine islamische Form der Scientology-Sekte. In der Türkei wird Erdogan eine Nähe zur Gülen-Bewegung nachgesagt.

„Es geht hier nicht um türkische Gymnasien“, sagt auch Arnold Mengelkoch, der Neuköllner Integrationsbeauftragte: „Letztendlich geht es um religiöse Schulen und um Einrichtungen des Gülen-Netzwerkes“. Grundsätzlich hält Mengelkoch islamische Schulen nicht für falsch: „Es gibt katholische und protestantische Gymnasien, warum sollte es dann nicht auch muslimische Gymnasien geben?“, sagt er. Allerdings müsse man klar benennen, wer hinter der Schule steckt und wer sie finanziert.

Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der kommenden Woche zu einem Besuch in die Türkei reist, könnte das Thema auf der Tagesordnung stehen.

Ferda Ataman/Janina Guthke

Ferda Ataman, Janina Guthke

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