zum Hauptinhalt
264379_0_90ff8ed9.jpg

© Doris Spiekermann-Klaas

Smava: Wir sind die Bank

Wer einen Kredit benötigt, kann ihn von Privatleuten bekommen. Und die Internet-Drehscheibe Smava spielt für Bewerber den Vermittler.

Eine Galeristin möchte einen zweiten Ausstellungsraum eröffnen, ein Sohn will seinen Eltern bei der Ausrichtung der Goldenen Hochzeit helfen. Ein Freiberufler hat vor, die Familie in Kanada zu besuchen, und eine Ferienhaus-Besitzerin will das Strohdach neu decken. Alle brauchen Geld. Um einen Kredit für ihr Vorhaben aufzunehmen, sind sie allerdings nicht zur Bank gegangen, sondern haben sich im Internet auf der Seite des Kreditmarktplatzes Smava registriert. Anonym schilderten sie einer Gruppe von Anlegern dort ihr Vorhaben und warten nun ab, ob sich Geldgeber finden.

Das Online-Unternehmen Smava – eine Abkürzung für „smart value“ – funktioniert als Drehscheibe. „Seit dem Start vor zwei Jahren haben wir rund sieben Millionen Euro vermittelt“, sagt Mitgründer und Geschäftsführer Alexander Artopé. Aus den Vergabe-Entscheidungen hält sich das Unternehmen jedoch heraus: „Selbstbestimmung ist für beide Gruppen ein wesentlicher Punkt bei Smava.“ Kreditnehmer legen beispielsweise den Zinssatz selbst fest, den sie für ihren Kredit zwischen 1000 und 25.000 Euro zu zahlen bereit sind. Anleger hingegen entscheiden für sich, ob die Rendite hoch und das geschilderte Projekt unterstützenswert genug ist, um zu investieren.

Ein Beispiel: Valeria Wächter* entschied, die genannte Ferienhaus-Besitzerin klinge als Kreditnehmerin seriös genug und legte einen Teil ihrer Ersparnisse an, um das Strohdach des Häuschens zu finanzieren. Die 27-jährige Wirtschaftspsychologin legt ihr Geld seit etwa einem Jahr in unterschiedlichen Projekten an und hat gute Erfahrungen mit dem Kredit-Marktplatz gemacht: „Auf den Seiten ist gut erklärt und dokumentiert, wie Smava funktioniert“, sagt sie. Und: „Die Rendite ist mit häufig etwa zehn Prozent recht hoch.“

Auf Kreditmarktplätzen im Internet kann bereits seit einigen Jahren von Mensch zu Mensch Geld verliehen werden. 2005 ging ein Anbieter in Großbritannien an den Start, 2006 wurde das Portal Prosper in den USA gegründet. „Wir haben zu dieser Zeit daran gearbeitet, die rechtlichen Bedingungen in Deutschland abzuklopfen und die Software für das System zu entwickeln“, sagt der 39-jährige Betriebswirtschaftler Artopé. Das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungen (BaFin) musste überzeugt, eine Bank musste gefunden werden, über die der Zahlungsverkehr laufen kann. Und Sicherungssysteme wurden entwickelt, die mögliche Anlageverluste auffangen.

Smava kennt die Identität der angemeldeten Personen. Angestellte müssen Gehaltsnachweise, Selbständige Jahresabschlüsse und Steuerbescheide der letzten zwei Jahre einreichen. „Damit überprüfen wir, ob Kreditnehmer grundsätzlich in der Lage sind, das Geld zurück zu zahlen“, sagt Artopé. Aufgrund statistischer Daten wird außerdem eine Risikoeinschätzung der Schufa vorgenommen, die für die Anleger sichtbar ist.

Das Risiko ist gering: Die Anleger werden in Pools zusammengefasst. Fällt ein Kreditnehmer aus, verteilt sich der Verlust und bleibt für den Einzelnen überschaubar. „Die Sicherungssysteme sind sehr vernünftig“, sagt Lutz Wilde von Finanztest. Ein Totalverlust sei so gut wie unmöglich. Die Bilanz für 2008: 99 Prozent der Anleger mit einer erwarteten Rendite von etwa neun Prozent haben Geld in Höhe von 10 000 Euro bei Smava verdient. Ein Prozent der Anleger hat eine Summe von insgesamt 60 Euro verloren. Smava verdient an zwei Stellen: Zwei Prozent jedes Kreditvertrags gehen an das Unternehmen. Außerdem zahlt jeder Geldgeber vier Euro pro Anlage.

„Die Vorteile von Smava liegen auf der Hand“, sagt Artopé. „Einige Kunden, beispielsweise Selbständige oder Rentner, haben es bei Banken sehr schwer, überhaupt Kredite zu bekommen.“ Die Zinsen können darüber hinaus niedriger fest gelegt werden, als sie etwa im Rahmen einer Dispo-Ausschöpfung zu zahlen wären. Anleger wiederum profitieren nicht nur von finanzieller Rendite, sondern auch von sozialem Mehrwert. Mit Autos, Reisen oder Hochzeiten, Umlegungen von Kreditkartenschulden auf Smava oder gewerblichen Anschaffungen können die Anleger finanzieren, was sie gut finden. Das bestätigt auch Valeria Wächter*: Selbst Haustierbesitzerin, hat sie beispielsweise schonmal eine Hunde-OP unterstützt.

Eine Garantie, ob das Geld tatsächlich für den angegebenen Zweck verwendet wird, gibt es nicht. Über die Geschichte der Kunden, die ähnlich wie bei Ebay einsehbar ist, können die Anleger jedoch die Vertrauenswürdigkeit der Kreditnehmer einschätzen und sie bei Fragen auch per Pseudonym anschreiben. Diese Transparenz des Systems wird geschätzt: „Insbesondere seit der Finanzkrise entwickelt sich Smava sehr gut“, sagt Artopé. Monatlich werden momentan etwa 100 Kredite angefragt. Anfang Januar hat Smava, das mittlerweile auf 25 Mitarbeiter angewachsen ist, einen zweiten Standort im polnischen Breslau eröffnet. Expansionen in weitere Länder seien momentan jedoch nicht geplant. „In Deutschland gibt es ja einen riesigen Markt“, sagt Artopé. „Und wir sind mit Smava noch ganz am Anfang“.

Kreditmarktplatz: www.smava.de

* Name von der Redaktion geändert

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false