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So kann’s gehen: Das kam ihr spanisch vor

Immer wieder sonntagsfragen SieElisabeth Binder.

Auf einer Reise, die ich mit einer spanischen Bekannten unternahm, lernten wir eine nette Deutsche kenne, die Spanischlehrerin ist. Auf einem Spaziergang zu dritt begannen die beiden, spanisch miteinander zu reden. Ich bat darum, deutsch zu sprechen, weil ich Spanisch nicht verstehe. Darauf erwiderte meine Bekannte, die Lehrerin habe sich gewünscht, spanisch zu sprechen. Als ich darauf ein paar Schritte schneller ging, sagten die beiden, ich solle nicht beleidigt sein. Bin ich aber, immer noch. War das eine Überreaktion?

Wenn man eine Fremdsprache lehrt, ist es doch ganz natürlich, dass man sie bei jeder Gelegenheit auch praktizieren möchte. Das spricht in jedem Fall für die Spanischlehrerin. Dass ihre Bekannte sich darauf eingelassen hat, spricht ebenfalls für sie. Vielleicht übt sie sich viel lieber in Deutsch, wollte sich in diesem Fall aber hilfsbereit zeigen. Dass Sie selber der Unterhaltung gern folgen wollten, ist zwar nachvollziehbar. Aber Sie sollten auch tolerieren können, dass Ihre Freundin sich in ihrer Muttersprache unterhält, auch wenn Sie die nicht verstehen. Ein kleiner Hinweis darauf, verbunden mit der Bitte, bei Gelegenheit den Sprachschalter wieder umzulegen und ins Deutsche zurückzukehren, wäre eine angemessene Reaktion gewesen. Sie hätten auch um eine Übersetzung bitten können. Vielleicht wollte die Bekannte mit dem Hinweis auf den Wunsch der Lehrerin ja zunächst mal nur erklären, warum sie die Sprache gewechselt hat. Bestimmt hat sie nicht damit gerechnet, dass Sie sich dadurch ausgegrenzt fühlen könnten und gleich eingeschnappt sind. Ihre Reaktion wirkt fast so, als machten Sie Besitzansprüche geltend. Freunde und Bekannte werden sich in Ihrer Gegenwart desto besser fühlen, je weniger Sie klammern, je weniger eingeengt man sich fühlt. Ihr Verhalten in dieser Situation führt leicht gerade dazu, was Sie vermeiden wollen: Ausgegrenzt zu sein. Ohne Freiheit, die eigene und die der anderen, sind gesunde Beziehungen nicht möglich.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

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