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Berlin: So läuft das besser

Weil sie fast alle Kinderschuhe doof fanden, machen zwei Berliner Mütter jetzt selber welche. Die sind so bequem, dass viele Männer sie gerne als Hausschuhe hätten

Die Computerfirma von Franziska Kuntze war gerade mit dem Internetboom untergegangen und Verena Carney machte schon länger Babypause. Da saßen die beiden Freundinnen also herum, verheiratet und versorgt zwar, aber eben auch beschäftigungslos. Deshalb beschlossen sie, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen – und etwas für den Fuß zu tun: Im Oktober 2002 beschlossen die 34-jährige Betriebswirtin Kuntze und die 37-jährige Schuhdesignerin Carney, Kinderschuhe herzustellen. „Wir haben beide Kinder und waren mit dem Angebot an Kinderschuhen nicht zufrieden“, erinnern sich die beiden. Zu bunt, zu synthetisch, und dann auch noch chemisch behandelt, fanden sie. Warum also nicht selber Schuhe machen? Die beiden Berlinerinnen legten ihr Erspartes zusammen, beantragten Überbrückungsgeld beim Arbeitsamt und spannten ihren Freundeskreis mit ein. Verena Carney machte einen Gerber ausfindig, der mit pflanzlichen Mitteln arbeitete, und fing an, das Leder zu stanzen. In der Zeit passte Franziska Kuntze auf die Kinder auf. Gespräche mit den Vertragspartnern führten sie auch zu zweit. „Der Gerber dachte am Anfang, wir wären zwei Muttis, die zu Hause selber Schuhe herstellen“, sagt Franziska Kuntze. Sie hatte auch die Idee für den Namen: Pololo. Das ist chilenisch und bedeutet „mein fester Freund“. Genau so soll der Kinderschuh auch sein: ein festes, anschmiegsames Modell, das die Kinder bei ihren ersten Schritten und später als Hausschuh begleitet. Die Schuhe sind aus Leder, werden mit der Hand genäht. Die 18 Modelle gibt es in den Größen 16 bis 27, dieses Jahr sollen 30er-Größen dazukommen. Der erste Verkaufstest war im Dezember 2002 der Weihnachtsmarkt am Mexikoplatz – und es funktionierte. 200 Paar Schuhe waren im Nu weg. „Danach habe ich Geschäfte in Berlin besucht. Die Resonanz war sehr positiv.“ Franziska Kuntze setzte sich ins Auto und fuhr bis nach Köln und München zu Kinderausstattern. Mit dabei war ihr Vater als Babysitter. Mittlerweile verkaufen sich die Schuhe in 60 Läden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch Versandhäuser haben die Kinderschuhe bestellt. Sogar Greenpeace hat sich gemeldet und das Modell „Piranha“ mit in seinen Versand aufgenommen.

Die beiden Frauen arbeiten von zu Hause aus; vormittags, bevor die Kinder von der Tagesmutter zurückkommen, und abends oder am Wochenende. Sie kommunizieren entweder per Telefon oder via E-Mail. Zwei Freundinnen in Süddeutschland helfen beim Vertrieb. Ein Grafiker hat die Webseite entworfen, die Franziska Kuntzes Mann pflegt, und zwei Näherinnen verarbeiten das gestanzte Leder. Franziska Kuntze ist optimistisch: „Wir verkaufen derzeit etwa 800 Paar Schuhe im Monat. Ich schätze, nächstes Jahr können wir vom Geschäft leben.“

Als Probeträger dienen die eigenen Kinder. Franziska Kuntzes zweijähriger Sohn Wendelin testet die kleinsten Modelle, die drei- und fünfjährigen Kinder von Verena Carney die etwas größeren. „Die kann man auch schon fragen, ob die Schuhe cool aussehen“, sagt Franziska Kuntze. Die Nachfrage nach den Schuhen wächst fast täglich. Auch Erwachsene haben Interesse angemeldet. „Vor allem Männer hätten die Modelle gerne als Hausschuhe“, sagt Franziska Kuntze. Vom 16. bis 19. Januar 2004 wollen die beiden Frauen ihr erweitertes Sortiment auf der Naturtextilienmesse in Frankfurt am Main vorstellen. Sie peilen eine Produktion von 2000 bis 3000 Schuhen im Monat an. „Ohne die Unterstützung unserer Familien hätten wir es nicht geschafft“, sagt Franziska Kuntze. Sie ist mit ihrer Situation sehr zufrieden: „So ein Gefühl von Freiheit hatte ich in meinem alten Job nie.“

Pololo-Schuhe gibt es in Fachgeschäften, weitere Informationen unter www.pololo.de.

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