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Berlin: So tröstet Schokolade – oder doch nicht?

Rund 8,5 Kilo Schokolade verzehrt der Deutsche pro Jahr, in Form von Kakao, Schokoeis, Pralinen, Riegeln oder Tafeln. Sie schmeckt gut, klar, das macht Freude.

Rund 8,5 Kilo Schokolade verzehrt der Deutsche pro Jahr, in Form von Kakao, Schokoeis, Pralinen, Riegeln oder Tafeln. Sie schmeckt gut, klar, das macht Freude. Aber macht Schokolade auch glücklich, wie so oft behauptet wird? Taugt sie als Seelentröster oder gar als Mittel gegen Liebeskummer? Was steckt drin?

Zunächst fällt oft das Stichwort Serotonin. Serotonin ist ein Hirnbotenstoff, der eine Rolle spielt bei der Unterdrückung von Depressionen – letztlich fördert er also die gute Laune. Mittel gegen Depressionen wirken, weil sie, vereinfacht, mehr Serotonin ins Hirn schaffen. Schokobohne enthält nun eine Vorstufe dieses wichtigen Botenstoffs: den Eiweißbaustein L-Tryptophan.

Tryptophan ist eine Aminosäure, die der Körper nicht selbst herstellen kann, sondern die aus Nahrungsmitteln aufgenommen werden muss. Tryptophan gelangt besonders gut zusammen mit Kohlenhydraten, also Zucker, ins Gehirn. Zucker sorgt nämlich dafür, dass Insulin freigesetzt wird, das wiederum die anderen Eiweißbausteine festbindet, so dass der Weg frei wird für das Tryptophan. Auch wenn viel Fett in der Nahrung ist, kann vermehrt Tryptophan ins Gehirn einströmen. Schokolade enthält gleich beides reichlich, Zucker und Fett: Das könnte also bestens erklären, warum sie dafür sorgt, dass viel Tryptophan im Gehirn ankommt und die Serotonin-Herstellung ankurbelt – also die gute Laune.

Außerdem hat die Kakaobohne geringe Mengen der anregenden Stoffe Koffein, Theobromin und Phenylethylamin zu bieten, sowie sogar winzige Mengen des Rauschmittels Anandamid. Die Schlagzeile „Schokolade macht glücklich“ wirkt angesichts dieser Inhaltsstoffe durchaus plausibel.

Der australische Depressionsforscher Gordon Parker vom Prince of Wales Hospital in Sydney glaubte trotzdem nicht so recht an die biochemisch begründeten Theorien und hat die Fachliteratur durchforstet. Er kam kürzlich zu einem ausgesprochen skeptischen Urteil, was die Seelentrösterqualitäten von Schokolade betrifft. „Sie müssten eine Wagenladung Schokolade essen, um den Effekt einer einzigen Tablette eines Antidepressivums zu erreichen“, meint Parker.

Er bezweifelt indes nicht, dass Schokoladeessen trotzdem glücklich machen kann. Immerhin handelt es sich nicht um eine Pille, sondern um ein Lebensmittel mit Geschmack – an das sich zudem oft schöne Erinnerungen knüpfen. „Angenehm ist vor allem der Zuckergehalt, der zu einem Energiekick führt, und das angenehme Mundgefühl, das vom in der Schokolade enthaltenen Fett herrührt“, sagt Silke Restemeyer, Ernährungswissenschaftlerin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Beides macht die Schokolade aber auch zur Kalorienbombe.

Manchmal aber braucht man einfach jene 550 Kilokalorien, 9,2 Gramm Eiweiß, 30 Gramm Fett und 56 Gramm Zucker, die eine Tafel Vollmilchschokolade enthält. Zum Beispiel, wenn man davor eine Weile vor Kummer kaum etwas essen konnte. Und wie gesund ein anderer Stoff ist, von dem sich besonders viel in dunkler Schokolade findet, ist inzwischen auch wissenschaftlich untermauert: die Flavonoide – Pflanzenstoffe, die als Antioxidanzien freie Sauerstoffradikale abfangen. Das ist auch gut fürs Herz.

Adelheid Müller-Lissner

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