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Berlin: So war Harald Juhnke

Freunde, Bekannte und Weggefährten erinnern sich an ganz persönliche Episoden mit dem großen Entertainer

Udo Jürg ens, Sänger: Als ich Harald Juhnke kennen lernte, war ich 24 Jahre alt, und er hat mir unglaublich imponiert. Wir arbeiteten damals in BadenBaden am ersten Fernseh-Musical, das noch in Schwarz-Weiß gedreht wurde. Ich spielte einen jüngeren Kumpel von ihm. Er wirkte sehr souverän auf uns alle. Nach der Arbeit sind wir immer zusammen essen gegangen und haben unglaublich viel und laut gelacht, er war ja wahnsinnig witzig und sagte: „Lasst uns feiern.“ Über die Jahre haben wir unheimlich viel zusammen gemacht, und ich habe ihn später auch in den ernsteren Zeiten wiedergesehen. Da haben wir uns einfach nur in den Arm genommen. Ich bin sehr, sehr traurig, man kann sich ja gar nicht vorstellen, dass Harald Juhnke nicht mehr da ist.

Bernd Wilms, Intendant des Deutschen Theaters: Meine erste Begegnung mit Juhnke fand statt, als ich das Maxim- Gorki-Theater leitete. Juhnke sollte den Hauptmann von Köpenick spielen – und ich war vor der ersten Probe sehr aufgeregt. Wie würde er reagieren? Konnten wir uns so einen Star überhaupt leisten? Juhnke trat auf in einem sehr eleganten tiefblauen Anzug mit weißem Einstecktuch, lächelte mich an und sagte: „Seien Sie ganz ruhig, Herr Intendant, mein Geld verdiene ich wonders!“

Klaus Schütz, Regierender Bürgermeister 1967 bis 1977, SPD: Ich habe Harald Juhnke mehrfach in kleinem Kreis getroffen. Ich war sehr beeindruckt, wie ernsthaft er damals über West-Berliner Belange wie zum Beispiel das Passierscheinabkommen gesprochen hat. Er war ein sehr politischer Mensch.

Ditmar Staffelt, SPD-Politiker: Als ich noch Fraktionsvorsitzender der Berliner SPD war, bekam ich irgendwann einen Anruf, dass Herr Juhnke in meinem Büro auf mich warten würde. Wir haben uns für den nächsten Tag verabredet. Er sagte mir, ich sei ein „ordentlicher Berliner“. Mehrfach kam er in meinen Wahlkreis nach Marienfelde zum Frühschoppen. 1992 gab es anlässlich einer Demonstration gegen Fremdenhass eine große Telefonaktion, an der wir beide teilnahmen. Ich habe Harald Juhnke als überzeugten Demokraten kennen gelernt, als engagierten Menschen mit bemerkenswerter Klarheit. Und ich habe ihn verehrt.

Waldemar Kleinschmidt, ehemaliger Oberbürgermeister von Cottbus, CDU: Ich seh’ ihn noch vor mir damals beim ersten Musikantenstadl aus der DDR im Dezember 1989. Zweitausend Menschen standen auf, applaudierten, als Juhnke mehr weinend als singend die Treppe runter kam. Auch viele Zuschauer weinten. Juhnke und die anderen Mitwirkenden mussten später immer wieder vor die Zuschauer. Beim zehnten Vorhang sagte Edith Hancke, die auch dabei war: „Ick kann nicht mehr stehn.“ Und Juhnke antwortete: „Das ist ein historischer Moment, jetzt musste durchhalten: Ich stütze Dich.“

Gregor Gysi, PDS-Politiker: Wir haben uns bei einer Talkshow das erste Mal gesehen. Auf eine bestimmte Art haben wir uns sehr gut verstanden. Ich wurde mal gefragt, welchen Prominenten ich mir für die PDS wünsche. Da habe ich gesagt: „Harald Juhnke, weil meine Partei eine Schwäche für Menschen mit Schwächen hat.“ Darüber hat er sich sehr amüsiert.

Manfred Stolpe, Bundesverkehrsminister, SPD: Ich habe ihn außerordentlich geschätzt – nicht nur, weil er mich einmal in einem Sketch als Ministerpräsident von Brandenburg vertreten hat.

Rolf Eden, Playboy: Ich kannte ihn seit den Fünfzigerjahren, wir haben zusammen im Film „So toll wie anno 20“ gespielt, waren zwei Barone mit Monokel und Zylinder. Seine Gesangskarriere hat er Anfang der Sechzigerjahre bei mir gestartet, im New Eden. Da kam er nach der Vorstellung hin, wir hatten eine Band und gesungen haben wir Songs von Frank Sinatra. Im Big Eden ist Harald dann auch häufig gewesen, da haben wir Zwei-Liter-Stiefel Champagner getrunken.

Dieter Hildebrandt, Kabarettist: Wir haben viel, viel zusammen gespielt. Noch vor wenigen Jahren, im Film „Silberdisteln“, eine Altenheimgeschichte, sehr listig, sehr gut. Kurz bevor es endgültig zu Ende war. Da war Juhnke noch sehr gut. Er war ein hervorragender Komödiant. In den Sechzigerjahren, ich erinnere mich gut, kam er mal abends zu uns in die Vorstellung der Lach- und Schießgesellschaft in München, er hatte viel getrunken, war in großer Stimmung. Du, Harald, sagten wir, wieso bist du hier? Du musst doch heute Abend in der Komödie am Kurfürstendamm spielen, hast doch die Hauptrolle! Mensch, sagte Harald, das hab’ ich ganz vergessen. Er lachte, er konnte damit umgehen. Ich hoffe, dass er nun seine Ehre wiederbekommt.Und dass er gelobt wird für die vielen guten Jahre.

Djawad Moschiry, Internist und über 20 Jahre lang ärztlicher Begleiter von Juhnke : Für Harald Juhnke war der Tod eine Erlösung. So wie er zuletzt lebte, hätte er nicht leben wollen. Er hat sich immer gewünscht, quasi auf der Bühne zu sterben, wollte bis ins hohe Alter vor seinem Publikum auftreten dürfen.

Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles: Der große Berliner Clown, Komiker, grandiose Entertainer und Anarchist Harald Juhnke ist tot. Konsequenterweise starb er am 1. April – und das ist diesmal keiner seiner Witze. Wie alle großen Komiker wollte er so gerne ein Tragöde sein. Ganz am Ende ist er dann durch sein langes Sterben doch noch einer geworden. Nachdem Minetti, Marianne Hoppe und Brigitte Mira ihre Bühnen verlassen haben, ist mit dem Tod von Harald Juhnke das alte West-Berlin fast ganz verschwunden.

Wolfgang Penk, ZDF-Unterhaltungschef 1981 - 91: Mit Harald war das ein wunderbares Arbeiten, wenn er nicht gerade die ganze Spree leer trinken wollte. Wir haben zusammen unter anderem „Musik ist Trumpf“ und die „Harald Juhnke Show“ gemacht. Er hatte keine Allüren, ließ jedem an seiner Seite Platz. Ich erinnere mich aber auch, wie ich mal eine Stunde auf ihn eingeredet habe, nach den Proben. Harald hatte zu mir gesagt, „Wolfgang, ich sauf’ jetzt die ganze Mini-Bar leer.“ Und als es einmal hieß, er sei nicht vernehmungsfähig, mussten wir Barbara Schöne bitten, die Sendung zu machen. Trotzdem – er war ein absoluter Profi.

Barbara Schöne, Schauspielerin: Zwischen 1970 und 1996 haben wir ununterbrochen zusammengearbeitet – in der sonnabendlichen Eurovisions-Show „Musik ist Trumpf“ und in vielen TV-Filmen und -Serien. Da entstand eine besondere Vertrautheit – wir haben uns wortlos verstanden und wussten auch, wann wir uns in Ruhe lassen müssen. Ich bin froh, dass ich genügend Zeit hatte, mich von Harald zu verabschieden.

Brigitte Grothum, Schauspielerin: Um 1957 spielten wir in Oscar Wildes „Bunbury“ im Renaissance-Theater erstmals zusammen. Harald war gerade durch seine erste Frau, die Tänzerin Sybill Werden, stolzer Vater seines Sohnes Peer geworden; wir waren jung und alles war am Anfang, eine herrliche Zeit. Von den 16 Jahren, die ich später als eine der „Damen vom Grill“ verbrachte, waren fünf gemeinsam mit Juhnke. Über Gott und die Welt haben wir da oft gequasselt – auch über Alkohol.

Otto Sander,Schauspieler: Wir drehten in den Havel-Studios, da kam Harald Juhnke rein und fragte: „Herr Sander, was machen Sie denn hier? Aber wo Sie schon mal da sind: Könnten wir nicht mal einen Film zusammen drehen?“ Nun ja, drei Filme sind es geworden. In den Drehpausen haben wir gefeixt: „Bist du der Komiker? Oder ich?“ Das scherzhaft, aber auch ernst gemeint. Er war ehrgeizig.

Wolfgang Spier, Schauspieler und Regisseur: Er brauchte sich nur einen Zylinder aufzusetzen und war ein feiner Herr. Und eine Schiebermütze und war ein Taxifahrer. Das war faszinierend, diese Wandlungsfähigkeit.

Alexander Iljinskij, ehemaliger Intendant des Friedrichstadtpalastes: Während einer Jubiläumsveranstaltung im Theater des Westens hat er mir vor Jahren das Du angeboten, als wir gemeinsam in der Kantine auf unser Stichwort warteten. Da hat er uns mit aktueller Politik unterhalten – sehr witzig und ganz alkoholfrei. Nicht ganz so witzig verlief 1999 sein zweiter Auftritt im Friedrichstadtpalast, seinen ersten hatte er 1990 noch vor der Vereinigung in „Guten Abend, Deutschland“. Ich hatte ihm Blumen in die Garderobe gebracht und gebeten, dass das Konzert „ohne Probleme“ verläuft. Das hat dann doch nicht geklappt – den zweiten Teil des Abends musste Jocelyn B. Smith allein bestreiten. Die Juhnke-Fans im Publikum riefen während ihres Auftritts wütend nach Harald. Das wurde dann fälschlicherweise als Rassismus ausgelegt. Es war aber nur Enttäuschung.

Jocelyn B. Smith, Sängerin: Ich habe Harald Ende der 90er auf einer Geburtstagsfeier von Sabine Christiansen kennen gelernt. Da hat er mich spontan auf die Bühne geholt. Dann sogar auf seiner Abschiedstournee „That’s life“ 1999 dabei zu sein, war für mich eine große Ehre. Er war total offen, unglaublich, wahnsinnig. Hat ganz spontan den Hauptmann von Köpenick rezitiert, wenn ich ihn darum bat. Harald Juhnke hatte unglaublich viel Ehrgeiz, die Arbeit war seine Batterie. Dass er das Leben in jeder Beziehung so ausgeschöpft hat, hat ihn für mich auch reif gemacht. Er war einfach „magnetizing“.

Beate Hopf, frühere SFB-Unterhaltungschefin: Wir waren nicht nur befreundet, ich wohnte einige Jahre bei ihm: im Gartenhaus, hinten auf dem Grundstück der Juhnkes. „Hexenhaus“ nannten wir es scherzhaft. Beruflich hatten wir auch beider Sendung „Willkommen im Club“ miteinander zu tun. Eines Tageshat er gesagt: „Keiner hat’s so gut wie ich: Meine Redakteurin wohnt bei mir zu Hause.“

Kai Havaii, Frontmann der Band Extrabreit: Wir haben Mitte der 90er Jahre den Titel „Nichts ist für immer“ mit ihm aufgenommen, in den Hansa-Studios. Es gab ein kurzes Vorgespräch und eine Probe. Dann die Aufnahme. Juhnke hing sich voll rein. „Also Jungs“, sagte er danach, „besser kriegt ihr dit nich.“ Wir glaubten ihm. Tsp

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