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Flirtprofis. Kanzlerin Angela Merkel schwärmt offenbar für Henri Hübchen (vorn), dessen Schauspielkollegen Til Schweiger (rechts) und Sebastian Koch sich auf dem Produzentenfest ebenfalls gut amüsierten.

© dpa

Society-Party-Hopping: Vier Partys in zwei Stunden

Nur eine am Abend? Unmöglich! Gerade vor der Sommerpause müssen Experten mehrere Empfänge schaffen. Doch wie soll das gehen? Ein Selbstversuch.

Kurz vor den großen Ferien will sich auch die Berliner Gesellschaft den Urlaub noch mal richtig verdienen. Die üblichen Geladenen ächzen angesichts ihrer überquellenden Terminkalender. In Wahlkampfjahren ist es besonders schlimm, weil viele der September-Feste vorverlegt werden. Doch was tun, wenn alle wichtigen Empfänge am selben Tag stattfinden? Wie schafft man es, bei allen vorbeizuschauen, ohne rasend unhöflich zu sein? Ein Selbstversuch in 120 Minuten.

18.10 Uhr Landesvertretung Rheinland-Pfalz

Man will ja nicht der Erste sein, aber die Gefahr bestand wohl nicht. Erst seit zehn Minuten ist das Fest „Heimat13“ in Gang. Dabei ist der Garten schon gut gefüllt. Auf dem roten Teppich vor dem Eingang staut es sich noch. Hier treffen sich Abgeordnete mit Medienleuten und Vertretern der Ministerien, des Auswärtigen Amts oder des Bundespräsidialamts. Stammgäste fragen schon mal, wo dieses Jahr der Saumagen serviert wird. Das weinselige Bundesland ist ein beliebter Gastgeber. Eigentlich müsste man mindestens die Begrüßung der Gastgeberinnen Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Staatsministerin Margit Conrad abwarten. Aber die stecken noch im Begrüßungsstau. Auf eine offizielle Buffeteröffnung wartet hier sowieso niemand. Muss man aber warten, bis SPD-Landesministerin Manuela Schwesig einen aus der sehr netten Unterhaltung entlässt, oder darf man sich einfach verabschieden? „Ich wünsche Ihnen einen schönen Festabend“, ruft sie freundlich, obwohl selbst auch schon fast auf dem Weg zum nächsten Arbeitseinsatz. Nun aber los.

18.45 Uhr Fußmarsch.

Von draußen ist gerade noch zu hören, wie die Reden beginnen. Bis zum Pariser Platz dauert es zu Fuß nur gut fünf Minuten, also lieber kein Taxi, denn in der Zufahrt zu den Ministergärten stapeln sich die Autos fast. In der US-Botschaft feiert das Aspen-Institut von 18.30 bis 20.30 Uhr Sommerfest mit dichtem Programm. Früher bot sich der Garten des Instituts an dafür. Aber der lag weit draußen auf Schwanenwerder. Die Anreise nahm mindestens eine halbe Stunde in Anspruch – und die hat an einem solchen Abend heute sowieso niemand mehr. Also zur US-Botschaft.

19.00 Uhr Pariser Platz

Zur Belohnung spricht Außenminister Guido Westerwelle. Der Minister kommt mit US-Botschafter Philip Murphy um 19.10 Uhr und läuft sich schon mal warm für den Obama-Besuch, indem er den Amerikanern ausführlich dafür dankt, was sie für die Freiheit getan haben. Die Zeit verrinnt: Gleich soll noch der alte Aspen-Chef Charles King Mallory IV. verabschiedet werden. Im Vorübergehen hat er vorhin kurz erzählt, dass es ihn zurückzieht in seine alte Heimatstadt New Orleans. Auch sein Nachfolger Rüdiger Lentz soll ausführlich begrüßt werden, der von der German American Heritage Foundation in Washington nach Berlin gekommen ist. Eigentlich müsste man mit vielen Anwesenden noch reden, aber das offizielle Programm zieht sich einfach zu lange hin. Glücklicherweise kann man sich diskret verkrümeln. Wer noch was vorhat, steht von vornherein ganz hinten.

Alle sind auf dem Sprung, keine hat Zeit für lange Gespräche.

19.25 Uhr Haus der Kulturen der Welt

Auch vorm Haus der Kulturen der Welt drängen sich die Autos. Über die Freitreppe schreiten die Gäste hoch aufs Dach und dann über den blauen Teppich runter in den Garten. Beim Produzentenfest 2013 herrscht Glamour pur. Schöne Schauspielerinnen, große Sonnenbrillen, tolle Sommerroben. „Ist die Kanzlerin noch da?“, fragt jemand. Nein, die hat sich nach ihrer Rede und einem Bad in der Schauspielermenge zwischen Henry Hübchen, Tom Schilling, Til Schweiger, Katrin Sass und Aylin Tetzel schon wieder aufgemacht. Auch die Femen-Frauen sind schon weg. Dafür lädt der Altmeister der Produzenten, Artur Brauner, an seinen Tisch, an dem auch Ehefrau Maria und Tochter Alice mit ihrem Mann Michael sitzen. Letzterer ist normalerweise Herr der traditionsreichen Mayser-Hüte, hat aber vor vier Wochen begonnen, sich ebenfalls als Produzent zu betätigen und sich mit Sitcoms auf der Internetplattform „Myvideo“ einen neuen Tätigkeitsbereich aufzubauen. Schwer, sich wieder loszueisen, aber da naht schon ein Fotografen-Tross, der auf Produzentenfamilienbilder scharf ist. Ein guter Zeitpunkt für den Absprung. Berlinale-Chef Dieter Kosslick ist auch schon halb auf dem Sprung, nimmt sich aber Zeit, noch rasch Neuigkeiten aus seiner Lieblingseisdiele zu erzählen. Produzent Wolf Gremm war wegen einer schweren Krankheit lange nicht unterwegs auf Partys. Jetzt steht er da in leuchtendes Grün gekleidet und erzählt von seinen neuen Plänen. Ein Roadmovie über die Berliner Krankenhäuser will er drehen. Das Gespräch touchiert dann das „Danach“ und wird gerade ein bisschen philosophisch. Da nahen auch schon wieder die Fotografen, die den Produzenten mit seiner Ehefrau Regina Ziegler aufnehmen wollen.

Die Würstchen duften verlockend, aber vier Empfänge muss man schaffen können in zwei Stunden. Auf dem Weg nach draußen kurzer Austausch mit Georgia Tornow und Ulrich Mayer. „Wir kommen von der SPD“ „Ich geh zu EnBW“. So lauten die Grußformeln an solchen Abenden. Dass man mehr als eine Fete besucht, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. „Sehen wir uns morgen bei den Schweizern?“ „Waren Sie letzte Woche nicht beim Queen’s-Birthday-Empfang?“ Standardsätze aus dem Society-Baukasten.

20.10 Uhr Friedrichstraße

Bis zum EnBW-Gebäude Ecke Schiffbauerdamm ist es ja nicht weit. „Sie sind noch rechtzeitig“, sagt beruhigend die Fahrstuhlführerin. Auf der Dachterrasse wird ein Loblied auf den neuen Vorstandsvorsitzenden Frank Mastiaux gesungen. Diesmal mussten die Gäste nicht wie früher erst im Atrium eine längere Grundsatzrede anhören, bevor sie aufs Dach durften. Es ging gleich hoch in die energiespendende Sonne. So mag es der effiziente Hauptstädter: „Striktes Networking heute.“

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