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Berlin: Sohn unter Verdacht

In Westend wird Steuerberater Ingo W. erschossen.

Ein Fall wie erdacht für den „Tatort“, der ja gerne im feinen Milieu spielt. Der Mord vom 12. August an dem Steuerberater und Notar Ingo W. (49) ist der aufsehenerregendste, der in diesem Jahr in Berlin geschah. Nicht wegen der Durchführung – ein junger Mann geht in die Kanzlei in Westend, schießt neunmal und geht wieder. Die Angestellten sehen den Schützen flüchten. Es sind die Hintergründe und das Milieu, die das Interesse der Öffentlichkeit wecken. Schnell ist den Ermittlern klar: Hinter der Tat muss die Familie stecken, das Wort „Komplott“ macht die Runde. Die beiden 18 und 16 Jahre alten Söhne des Opfers werden sofort nach der Tat festgenommen – und kommen am nächsten Tag wieder frei.

Es finden sich keine verwertbaren Spuren, an ihren Händen keine Schmauchspuren, die beim Abfeuern einer Waffe entstehen. Bei der Vernehmung durch die Mordkommission geben sich die beiden  Söhne außergewöhnlich pampig, kaltschnäuzig und ungerührt – nicht gerade das normale Verhalten bei den Profis von der Kripo. Doch die Indizien reichen nicht für eine Anklage, es fehlen Beweise.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt ungerührt weiter in der Familie, die sich in den vergangenen Jahren offensichtlich extrem verkracht hatte. Der Vater, das spätere Opfer, war vor einiger Zeit aus der schicken Villa in eine Gartenlaube gezogen, die Scheidung war geplant. Der jüngere Sohn und der Vater hatten sich wechselseitig bei der Polizei angezeigt.

Die Eltern des Opfers heizen die Stimmung mit einer Pressemitteilung noch an. Darin heißt es: „Die Ehefrau Katrin W. hat unseren Sohn terrorisiert und immer nur Geld gefordert.“ Mitte Oktober wird die Villa durchsucht, nun gilt auch die Mutter als Beschuldigte. Ende Oktober wird Y. (Name von der Redaktion geändert), der Jüngere, unter dringendem Tatverdacht festgenommen, er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Ein Richter bestätigte die U-Haft Anfang Dezember. Der 16-Jährige musste das Weihnachtsfest hinter Gittern verbringen.

Wann es zu einer Anklage kommt, ist offen. Worauf die Staatsanwaltschaft den dringenden Tatverdacht stützt, ist unklar – möglicherweise auf eine DNA-Spur. Der ältere Bruder und die Mutter gelten ebenfalls als Beschuldigte.

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