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Justizsenator Michael Braun (CDU) steht wegen seiner Notartätigkeit im Zusammenhang mit dubiosen Immobiliengeschäften in der Kritik. Bisher hält Parteichef Frank Henkel zu ihm.

© Mike Wolff

Solidarität mit Braun: Leiser Verdruss bei der Berliner CDU

Noch ist die Berliner CDU solidarisch mit ihrem angeschlagenen Senator Braun – zumindest öffentlich. Bis auf Weiteres hat Frank Henkel den Kurs vorgegeben.

Solidarisch – aber mit verärgerten Gesichtern: So stellt sich dieser Tage die CDU im Umgang mit Michael Braun dar. Was daraus wird, weiß keiner zu sagen. Ob in ein paar Tagen die Solidarität stärker sein wird als der Ärger über den verpatzten Start in eine neue Ära – niemand weiß es.

Bis auf Weiteres hat Frank Henkel den Kurs vorgegeben. Der Organisator des neuen Anfangs, Landesparteischef und neuer Innensenator, erklärte am Freitag abermals, Braun habe sein Vertrauen. Er treffe seine Entscheidungen auf der Grundlage von „rechtsstaatlichen Kriterien“, sagte Henkel. Braun habe zu seiner Arbeit als Notar ausgiebig Stellung genommen. „Diejenigen, die ihm unterstellen, er habe es wissentlich darauf angelegt, Verbraucher zu schädigen, müssen das auch nachweisen. Dieser Nachweis ist ausgeblieben, und deshalb gilt auch für den Senator natürlich die Unschuldsvermutung.“

Mit dieser Ansage dürfte Henkel die Stimmungslage seiner Parteifreunde getroffen habe. Dass man erst mal zu Braun halte, sei richtig und gut, sagen CDU-Politiker unisono. Denn rechtlich habe sich Braun nach allem, was bekannt geworden ist, korrekt verhalten. Da sei es „logisch, dass sich die Reihen hier schließen“, sagt ein Vorstandsmitglied. Aber das gilt nur für den Moment. Und es ist eine Solidarität mit Einschränkungen. Sie könnte ihm, so heißt es, im Zweifel auch den Rücktritt leichter machen. Ein Rücktritt in Solidarität sei etwas anderes als unter massivem Druck.

Doch kann sich diese Einschätzung täglich ändern. Alle rechnen damit, dass es weitere Vorwürfe gegen Braun geben wird und der moralische Druck auf ihn zunimmt. Die notarielle Beglaubigung von sogenannten Schrottimmobilien habe nun mal einen „bösen Beigeschmack“, heißt es aus der Landesspitze. Und gerade weil es in der CDU manche gibt, die Politik im Nebenberuf machen und in erster Linie selbstständige Geschäftsleute sind, wiegt ein Vorwurf umso schwerer: Dass in Brauns Kanzlei fragwürdige Immobilienhändler vorgelassen wurden. Auch in dieser Hinsicht ist die Einigkeit in der Berliner CDU groß wie selten: Man müsse nicht jedes Geschäft machen, heißt es. Man könne sich nicht darauf zurückziehen, dass dumme Leute Geschäfte machten, deren Folgen sie nicht übersehen.

Das ist der Punkt, an dem die Solidarität mit Braun deutlich schwächer wird und die Überlegungen beginnen, wie sich die Sache wohl entwickelt. Wie wolle er – nach diesem Start – als Senator für Verbraucherschutz amtieren, fragt ein wichtiger CDU-Mann. Und sagt: „Ich kann mir das nicht vorstellen.“ Schon jetzt sei Braun beschädigt – und die Partei eben auch. Was Braun, den Eindruck haben Parteifreunde aus Gesprächen, völlig bewusst sei und ihn schmerze.

Der Mann aus Steglitz-Zehlendorf, Chef des mächtigsten Kreisverbands der Berliner CDU, ist ein Parteisoldat. Er ist keiner, der in der großen Zeit von Klaus Landowsky seine Karriere begonnen hätte, als es schon mal Probleme mit Politik und Immobilien gab. Braun ist als sperriger, polarisierender Typ bekannt, aber auch dafür, dass er sich den Zugang zur CDU gegen Landowskys Widerstand erstritten hat. Da sei es bitter für Braun, nach zehn Jahren Arbeit in der Opposition jetzt in die Schusslinie zu geraten, da die CDU mitregiert. Wäre er CDU-Fraktionschef geworden oder Kultursenator – dann hätten die Vorwürfe gegen ihn keine Bedeutung. Doch zeige sich jetzt abermals, dass die Kombination von Politik und Immobilien hochproblematisch und gefährlich sei, heißt es.

Das hört sich an, als warteten die wichtigen Leute in der Berliner CDU auf eine Art resignativer Einsicht bei Braun. Was wäre denn, wenn es Anzeigen gäbe und von „Ermittlungen gegen den Justizsenator“ die Rede wäre? Klar, dass dann Klaus Wowereit und Frank Henkel Entschiedenheit demonstrieren würden. Einen Trost hat Henkel bei allem Ärger: Es gibt viele Juristen in der Berliner CDU.

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