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Berlin: Soll die Bundeswehr bei der Fußball-WM eingesetzt werden?

Nicht viele politische Konzepte waren in Deutschland so erfolgreich wie das vom „Bürger in Uniform“. Kaum eine Armee auf der Welt kommt so wenig martialisch daher wie die Bundeswehr – sie ist von Image und vom öffentlichen Auftreten her allenfalls mit der Schweizergarde des Vatikan oder der Prinzengarde im Kölner Karneval vergleichbar.

Nicht viele politische Konzepte waren in Deutschland so erfolgreich wie das vom „Bürger in Uniform“. Kaum eine Armee auf der Welt kommt so wenig martialisch daher wie die Bundeswehr – sie ist von Image und vom öffentlichen Auftreten her allenfalls mit der Schweizergarde des Vatikan oder der Prinzengarde im Kölner Karneval vergleichbar. Bundeswehrsoldaten mögen am Hindukusch die Freiheit verteidigen – im eigenen Land sind sie bewährte Katastrophenhelfer, Einsatzkräfte in schwierigen Lagen, wenn Disziplin und Plackerei gefragt sind. Wer sollte davor Angst haben und die Gültigkeit des Grundgesetzes bedroht sehen? Gewiss – mit den Prinzipien der Verfassung sollte man nicht so leichtfertig umgehen wie manche Politiker mit der Steuergesetzgebung. Aber die Bundeswehr hat ihre eigene Tradition begründet, die nichts mehr mit der verführbaren Reichswehr oder marodierenden Armeeresten zu tun hat, die in den frühen zwanziger Jahren die Weimarer politischen Verhältnisse zu einer gefährlichen Sache machten. Mit den Bundeswehrskandalen der vergangenen Jahre war es auch nicht weit her. Vor dieser Truppe muss hier zu Lande niemand Angst haben, erst recht nicht, wenn Soldaten als Helfer der Polizei nichts anderes als ordnen und Gebäude bewachen sollen. Sie hat Vertrauen verdient.

Es ist doch eine klare Sache: Die Fußball-Weltmeisterschaft braucht zwar gute Stürmer und Verteidiger und sie wird spannend sein. Aber die WM in Deutschland ist weder ein Verteidigungs- noch ein Spannungsfall. Und es geht von diesem wunderbaren Ereignis mit großer Sicherheit keine drohende Gefahr für den Bestand der Nation oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung aus. Nicht einmal dann, wenn unsere Klinsmann-Truppe in der Vorrunde ausscheiden sollte. Wir dürfen auch getrost ausschließen, dass organisierte und militärisch bewaffnete Aufständische die Stadien erobern. Ebenso wenig ist die Fußball-WM eine Naturkatastrophe oder ein schwerer Unglücksfall. Kurz gesagt: Der Artikel 87a im Grundgesetz schließt den Einsatz der Bundeswehr bei der Fußball-Weltmeisterschaft selbst für den Schutz von zivilen Objekten eindeutig aus. Da gibt es nichts zu rütteln und nichts zu deuteln. Auch wenn die Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr, als die Notstandsgesetze Ende der sechziger Jahre beschlossen wurden, kräftig ausgedehnt wurden. Es ist zwar politisch legitim, die Kompetenzen unserer Armee innerhalb Deutschlands zusätzlich erweitern zu wollen und über entsprechende Grundgesetzänderungen zu diskutieren. Aber die WM sollte dafür nicht missbraucht werden. Ulrich Zawatka-Gerlach

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