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Berlin: Soll die BVG flächendeckend filmen und speichern?

Auf dem Bahnsteig liegt hilflos ein Junkie, eine Gruppe junger Männer, offenbar Drogendealer, schreit sich gefährlich nah an der Bahnsteigkante an. Die Leute, die ganz normal auf die Bahn warten, fühlen sich unwohl, unsicher, einige haben wirklich Angst.

Auf dem Bahnsteig liegt hilflos ein Junkie, eine Gruppe junger Männer, offenbar Drogendealer, schreit sich gefährlich nah an der Bahnsteigkante an. Die Leute, die ganz normal auf die Bahn warten, fühlen sich unwohl, unsicher, einige haben wirklich Angst. So sieht es oft abends in der U-Bahnstation Kurfürstenstraße aus.Weit und breit kein Aufsichtspersonal.

Das sind Momente, in denen ich mir eine möglichst komplette Videoüberwachung wünsche. Jetzt, wo gerade wieder ein Mann von einem Unbekannten vor die Bahn geschubst wurde, muss die Diskussion wieder in Gang kommen. Und die BVG in die Gänge, um das Sicherheitsgefühl der Kunden zu verbessern. Es müssen ja nicht alle 170 Bahnhöfe überwacht werden – dazu fehlt ohnehin Personal. Aber jeder BVGler, jeder Kunde, könnte auf Anhieb ein, zwei Dutzend Stationen nennen, in denen eine Rundum-Videoüberwachung dringendst geboten wäre. Zum Beispiel am Kottbusser Tor, wo gerade der Vorfall geschah.

Der Täter, auf Filmband festgehalten, ließe sich vielleicht schnell finden. Und es ließe sich, anders als im jüngsten Fall, klären, ob es Zeugen gab. Kameras als Abschreckung für Straftäter – was soll daran so verkehrt sein? Müssen datenrechtliche Bedenken nicht zurückstehen, wenn es um Menschenleben geht? Die U-Bahn ist ohnehin kein privater Ort. Sie ist öffentlicher Raum. Wer sich darin bewegt und dafür bezahlt, hat Anspruch auf mehr Sicherheit.

Was will die BVG? Wirklich mehr Sicherheit für ihre Fahrgäste? Kameras jedenfalls sind kein gutes Mittel, wenn man genauer hinschaut: Die Kameras, die es jetzt auf den Bahnhöfen gibt, zeigen ja nicht einmal den vollständigen Bahnsteig, so dass ein Beobachter noch nicht einmal bemerken würde, was sich in seinem „toten Winkel“ auf dem Bahnsteig abspielt. Die flächendeckende Überwachung aller Ecken sämtlicher U-Bahnhöfe der Stadt würde einen technischen und personellen Aufwand erfordern, der in keinem Verhältnis zum erzielten Nutzen stünde. Und die Lösung ist doch so einfach: Wer mehr Sicherheit auf den Bahnhöfen haben möchte, der setzt dort wieder Personal hin – und zwar direkt auf den Bahnsteig und nicht an die Überwachungsbildschirme irgendwo in abgeschiedenen Räumen. Zugabfertiger, Schaffner, Fahrkartenverkäufer – Menschen eben, die frühzeitig erkennen, was sich ereignen könnte und die dann zumindest noch die Chance haben, rechtzeitig zu handeln. Umfragen zeigen, dass die Fahrgäste sich das ohnehin wünschen.

Und es muss nicht gleich ein U-Bahn-Schubser sein, der an seiner Tat gehindert wird; es geht auch um Selbstmordkandidaten, die vielleicht durch die Anwesenheit von Aufsichtspersonal noch von einem Sprung abgehalten werden könnten. Keine Kamera vermag das – und keine Filmaufzeichnung hilft einem betroffenen Zugführer, sein Trauma zu überwinden, nachdem er jemanden überfahren hat. Werner Schmidt

Christian van Lessen

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