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Berlin: Sollen die Gaslaternen durch Elektrolicht ersetzt werden?

Manche Themen locken zwangsläufig jene Nostalgiker hervor, die Änderungen im Stadtbild prinzipiell ablehnen. So verhält es sich auch bei den Berliner Gaslaternen.

Manche Themen locken zwangsläufig jene Nostalgiker hervor, die Änderungen im Stadtbild prinzipiell ablehnen. So verhält es sich auch bei den Berliner Gaslaternen. Sobald jemand erwägt – und das war in den letzten Jahren öfter der Fall –, diese durch Elektrolicht zu ersetzen, erinnern sie lautstark daran, dass das Gaslicht traditionell zur Stadt gehöre und die Berliner diese Art der Illumination nicht missen wollten. Und wie kalt doch so eine alte Berliner Kiez-Straße wirke, wenn sie in das gleißende, weiße Licht des Stroms getaucht werde. Als ob Elektrolicht per se immer schrecklich ist! Ein bisschen Mut zur Differenzierung könnte den Nostalgikern nicht schaden. Auch bei Strom betriebenen Laternen ist es so wie mit allen Dingen: Es gibt gut gemachte, und es gibt schlechte. Das gilt im übrigen auch für Gaslampen. Es sollte also der Stadt durchaus möglich sein, das zu den Berliner Straßen passende Licht auf Strombasis zu installieren. Außerdem gibt es zwei weitere, beachtenswerte Aspekte: Warum sollte man heute noch ernsthaft an den Leuchten festhalten, wenn diese nicht nur wesentlich teurer in der Unterhaltung sind, sondern auch weit umweltschädigender als die anderen Lampen? Berlin kann sich weder vermehrte Schadstoffemissionen leisten, dazu leidet die Stadt schon unter genügend Belastungen; noch hat es das Geld für eine Luxusbeleuchtung – mit Gas.

Ist schon merkwürdig, wie blitzschnell eine jahrhundertalte Berliner Tradition wie die Gaslampen ausrangiert werden soll. Es hat diverse Beschlüsse des Abgeordnetenhauses gegeben, das Gaslicht zu erhalten. Ist ein Versuch nicht stets gescheitert, die alten Leuchten auszuknipsen? Es wirkt wie eine Attacke, die der zuständige Bezirk Mitte mit seinem privaten Lichtmanagement-Partner reitet. Weg mit den Lampen, möglichst sofort! Was die Berliner darüber denken – egal! Wie aus dem Hut gezaubert wirken die dramatischen Zahlen: Hochgerechnet, so vermitteln sie den Eindruck, werden die paar Tausend Gaslaternen an der endgültigen Pleite der Stadt Schuld sein. Sie werden uns mit ihrem warmen, summenden Licht ins düsterste Finanzdesaster führen. Und in eine mittleren Umweltkatastrophe (Kohlendioxid! Methangas!! Thoriumoxid!!!) Das klingt unglaubhaft, lächerlich. Bislang hat keine Gesundheitsbehörde Alarm geschlagen. Sie wird es auch künftig nicht tun. Bei all ihrer Gas-Gespensterseherei und Elektro-Euphorie kommen die kalten Rechner schon ins Trudeln mit ihren Zahlenspielen. Woher das Geld für die teure Umrüstung kommen soll, ist unklar. Es muss Ausschreibungen geben, auch neue Masten. Da wollen viele mitverdienen. Das alles wird erfahrungsgemäß sehr viel teurer, als die Einsicht, den Berlinern ein Stück gemütlicher Tradition zu lassen. Christian van Lessen

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