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Berlin: Sonderkommission nahm 561 Dealer in der U-Bahn fest

Polizei führt nach erfolgreichem Test ein zusätzliches Rauschgiftdezernat ein Bandenstrukturen und Verkaufsabläufe können jetzt besser erkannt werden

Der Testlauf war erfolgreich. Die Polizei wandelt die vor einem knappen Jahr versuchsweise eingerichtete Sonderkommission „Sinod“ gegen Drogenhändler in der U-Bahn in ein festes Dezernat um. Wie der Polizeipräsident jetzt mitteilte, wurden seit Sommer letzten Jahres 561 Dealer festgenommen. 83 von ihnen konnten dem Haftrichter vorgeführt werden, der sie hinter Gitter schickte. In den wenigen Monaten wurden von den Sinod-Fahndern bei knapp 1100 Schwerpunkteinsätzen 3,5 Kilogramm Heroin, 670 Gramm Kokain und 835 Gramm Cannabis sichergestellt. „Durch die Arbeit von Sinod konnten tatsächlich Bandenstrukturen und Verkaufsabläufe aufgehellt werden“, lobte Polizeipräsident Dieter Glietsch jetzt.

Das war so auch angestrebt worden. Nachdem 2003 die Polizei die regelmäßigen Streifengänge mit BVG-Angestellten in der U-Bahn aus Personalmangel eingestellt hatte, hatten die Dealer freie Hand gehabt. Auch BVG-Angestellte bemängelten, dass die überwiegend aus Südeuropa und der Türkei stammenden Täter sich nach Abzug der uniformierten Polizeistreifen auf den Stationen wie die „Hausherren aufführten“ und die nicht bewaffneten BVG-Mitarbeiter schlicht ignorierten. Einfach hinauswerfen könne man die in den Stationen herumlungernden Jugendlichen nicht, sagte eine BVG-Sprecherin: „Die haben alle eine Monatskarte.“

In den Jahren danach hatten zwar Streifenpolizisten – wenn denn Zeit war – in Bahnhöfen ab und zu Verdächtige kontrolliert. Aber auch wenn man Rauschgift fand, waren die Täter fast immer Stunden später wieder auf freiem Fuß, da die gefundene Menge zu gering war – wenig später boten die Männer ihren Stoff erneut an. Die Hintermänner blieben meist unbekannt, weil die festgenommenen Kleinverkäufer schwiegen.

Nun aber kennen die Fahnder ihre Klientel, können ihnen durch vorherige Observationen Kauf und Verkauf nachweisen – das reicht dann meist für einen Haftbefehl. Mit dem gleichen „täterorientierten Ansatz“ wird seit Jahren erfolgreich die Gewaltkriminalität bei Jugendlichen bekämpft – immer die gleichen Polizisten und Staatsanwälte sind für einzelne Täter zuständig und behalten sie immer im Auge.

„Sinod“ heißt übrigens „Sicherheit im Nahverkehr ohne Drogen“. Dass sich auch mit 1100 Schwerpunkteinsätzen kein drogenfreier Nahverkehr erreichen lässt, können alle Fahrgäste täglich erleben. Beliebt bei Dealern sind vor allem Stationen in Kneipengegenden wie dem Hackeschen Markt und der City West – sie wollen mit ihrem Stoff nah am Kunden sein. Als Hauptlinien gelten weiterhin die U7, U8 und U9. Der Polizeipräsident hatte die Gründung der Soko im vergangenen Jahr damit begründet, dass „der Handel das Sicherheitsgefühl der Bürger in besonderer Weise beeinträchtigt“.

Nun wird aus der Soko „Sinod“ ein zweites reguläres Rauschgiftdezernat beim Landeskriminalamt. Etwa 20 Beamte ermitteln dort zu den Hintermännern des Handels in der U-Bahn. Eine Verstärkung ist geplant. Bei Einsätzen im Untergrund holen sich die Ermittler Zivilfahnder oder uniformierte Bereitschaftspolizei zur Verstärkung. Unterstützt wird der Kampf gegen Drogenhändler durch die mittlerweile flächendeckende Ausstattung der U-Bahnsteige mit Videokameras, deren Bilder für 24 Stunden gespeichert werden. Allerdings sind viele Zwischengeschosse und Verteilerebenen immer noch ohne Kameras.

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