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Berlin: Sonntags um 10: City-Service bei St. Hedwig

Bluejeans, gelbe Polohemden, geblümte Kleider: Die Gottesdienst-Besucher der katholischen St.-Hedwigs-Kathedrale sind eigentümlich bunt gekleidet: Und das nicht nur, weil draußen Sommer ist.

Bluejeans, gelbe Polohemden, geblümte Kleider: Die Gottesdienst-Besucher der katholischen St.-Hedwigs-Kathedrale sind eigentümlich bunt gekleidet: Und das nicht nur, weil draußen Sommer ist. Hier im Dom am Bebelplatz, nur wenige Meter entfernt von den Linden, dem Boulevard mit den vielen Sehenswürdigkeiten, hier also sitzen auch zwei junge Dänen im Kirchenrund, deren Eltern aus Vietnam kommen. Sie gucken sich interessiert um, und schon einen Tag nach dem Gottesdienst werden die beiden Berlin-Besucher wieder abreisen.

"Die Hälfte unserer Kirchgänger sind Touristen", sagt Dompfarrer Alfons Kluck. Es gibt 430 Plätze, 430 Menschen sind da: Das Kirchenrund ist richtig voll. Es müssen besonders agile Touristen sein: Sie schaffen es, pünktlich zu zehn Uhr im Stadtzentrum zu sein, um dort in nur einer Stunde zehnmal aufzustehen und sich wieder zu setzen. Zweimal knien sie sogar für fünf Minuten auf der hölzernen Bank zum Gebet nieder.

Es mag daran liegen, dass der Zehn-Uhr-Gottesdienst besonders schön ausfällt: Die Kinder der St.-Hedwigs-Singschule treten auf, 80 Jungen und Mädchen in Hemd, Bluse oder sorgfältig gebügelter Hose. Vor zehn Minuten haben sie noch auf dem Vorplatz Fange gespielt. Jetzt spielt die Pauke, Marke "Majestic". Die Halle ist erfüllt von vier Geigen, vier Celli, drei Posaunen, vier Trompeten und zwei Flöten. "Kommt herbei", wird gesungen. Auch Eltern singen: Zum Beispiel ein in Berlin lebendes polnisches Paar, die 8-jährige Tochter ist seit einem Jahr im Chor.

"Wir versuchen, einen international üblichen Gottesdienst machen", sagt Pfarrer Kluck: Besucher aus dem Ausland sollen die Abfolge der Gesänge erkennen. Manchmal würden die Gebete ins Englische und Französische übersetzt: Mit einem Zettel in der Hand können Kirchgänger, die nicht Deutsch sprechen, die Texte verfolgen und in ihrer Sprache laut mitlesen. Im Vorraum hängt eine Liste: Katholische Gottesdienste in Berlin, abgehalten in Fremdsprachen: auf Kroatisch, Portugiesisch und Tamilisch.

Die Predigt, welche die versammelten Geistlichen halten, handelt von Barmherzigkeit: Es gebe ein größeres Potenzial an Barmherzigkeit, als manchmal gedacht werde, sagt einer. Bei der Oderflut habe es sie gegeben, die "Ärzte ohne Grenzen" übten sie in der Dritten Welt. In den Altenheimen, wo die Menschen zu selten besucht würden, fehlte sie oft. In den nächsten Wochen richtet die Gemeinde Themenabende aus zu Armut und Migration.

Nach der Messe stiftet ein Mann aus Indonesien eine Opferkerze. Ein Koreaner schaltet seine Videokamera aus, das rote Licht erlischt, er nimmt die Kamera vom Stativ. Er wollte unbedingt den Chor aufzeichnen, der heute die "Missa antiqua" sang. Der Gottesdienst hier sei so schön, viel schöner als in seiner kleinen koreanischen Gemeinde in Berlin. Die Aufzeichnungen, sagt er, wird er sich später in der Familie anschauen.

cdz

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