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SONNTAGS um zehn: Aus dem selben Stall Ein Grünen-Politiker und ein Polizist beim Messedienen in der Kathedrale

Einen Polizisten und einen Bündnisgrünen zusammenzubringen, schaffe eben nur die katholische Kirche, begeistert sich Bernhard Schodrowski. Sie sei der erste Global Player, grinst der Polizeisprecher.

Einen Polizisten und einen Bündnisgrünen zusammenzubringen, schaffe eben nur die katholische Kirche, begeistert sich Bernhard Schodrowski. Sie sei der erste Global Player, grinst der Polizeisprecher. Dem Satz will sich Benedikt Lux, der für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt, zwar lieber nicht anschließen, aber vom gemeinsamen Ministrieren in der St.-Hedwigs-Kathedrale hat ihn auch das Glatteis nicht abgehalten.

An die 20 Priester und erwachsene Ministranten – darunter zwei Frauen – ziehen beim Hochamt zum Fest der Heiligen Drei Könige samt Goldkreuz, Kerzenleuchtern, Weihrauchfass, Schiffchen in die Kirche. Schodrowski und Lux bilden die Nachhut hinter Kardinal Sterzinsky, der zur Feier des Tages Mitra und goldenen Bischofsstab trägt. Und weil sie außer dem schwarzen Talar und weißem Chorhemd obendrüber nichts zu tragen haben, sind die Hände fromm gefaltet.

Den Hirtenstab abnehmen und hinterm Altar stehend sorgfältig verwahren – die Aufgaben der beiden seit Kindertagen trainierten Messdiener sind trotz der liturgischen Pracht des Hochamts samt hauseigenen Engelschören und der schweren Süße des Weihrauchs überschaubar.

Mit letzterem kennen sich gerade Ministranten bestens aus, meint Kardinal Sterzinsky in der Predigt. Er erklärt die Bedeutung von Gold, Weihrauch und Myrrhe – die die Weisen aus dem Osten dem Jesuskind als Geschenk darbrachten. Gold stünde für Macht, Reichtum und damit für das Königtum, duftender Weihrauch für die Anwesenheit Gottes und das Baumharz Myrrhe als Zutat von Begräbnissalben für Sterblichkeit. Im Neuen Testament offenbare sich durch die Dreikönigs-Episode ein völlig neues Gottesbild, sagt Sterzinsky. Ein „Gott der Juden und Heiden, ein menschlicher und sterblicher Gott“, dessen Licht weit über Weihnachten hinaus strahle.

„Ohne Katholik oder Christ zu sein, wäre ich niemals Grüner geworden“, sagt Benedikt Lux, 26, hinterher in der Sakristei. Bewahrung der Schöpfung, Respekt vor dem Leben – das habe man gemeinsam. Kirchentreu will der Linke trotzdem nicht genannt werden und im Gegensatz zu Bernhard Schodrowski auch nicht regelmäßig ministrieren. Was ihnen der Dienst bedeutet? „Behilflich sein“, meint Lux und „die Gemeinde am Altar vertreten“ Schodrowski. Das hier sei losgelöst vom Beruf, meint Polizeisprecher Schodrowski, der Lux zum Ministrieren in St. Hedwig eingeladen hat. Man käme halt aus dem selben Stall. „Das ist wie ein Bierchen zusammen trinken“, sagt Lux, „nur mit anderer Kulisse“. Gunda Bartels

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