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SONNTAGS um zehn: Beten für den Dackel

Ein Gottesdienst mit Tieren in Zehlendorf.

Der Terrier in der ersten Reihe kläfft, ein Dackel fiept. Ein Dutzend Hunde sind mit Frauchen und Herrchen in die Zehlendorfer Kirche zur Heimat gekommen. Denn an diesem Sonntag dreht sich hier alles um Tiere. Am Freitag war Welttierschutztag, der wird nachgefeiert. Pfarrer Reinhard Dalchow, der frühere Umweltbeauftragte der evangelischen Landeskirche, veranstaltet den Gottesdienst zusammen mit dem „Arbeitskreis Kirche und Tier“ und Tierversuchsgegnern. Am Tierschutztag rufen Tierfreunde dazu auf, Tiere artgerecht und respektvoll zu behandeln. Aber was heißt das genau?

„Herr, unser Gott, du Schöpfer unserer Welt, wir erkennen, wie sehr wir schon deine gute Schöpfung verdorben haben. Lass uns erkennen, dass Geldgier oder Bequemlichkeit vielfach unser Handeln bestimmen und nicht die sorgende Liebe für alles Lebendige“, betet Pfarrer Dalchow. Und statt aus der Bibel wird heute aus einem Brief gelesen, den die amerikanische Sängerin Fiona Apple an ihre Fans geschrieben hat. Sie hatte eine Tournee abgesagt, um bei ihrer sterbenden Pitbull-Hündin sein zu können: „Janet hat in meinem Bett geschlafen. Sie hat es hingenommen, wenn ich heulend mein Gesicht an ihre Brust gedrückt habe, wenn mein Herz mal wieder gebrochen war. Sie ist mein bester Freund, meine Mutter und meine Tochter, mein Schutzengel und sie ist auch diejenige, die mich gelehrt hat, was Liebe ist.“ Eine Hundefreundin wischt eine Träne weg.

Weiter geht’s mit Lesungen aus Jonathan Safran Foers Veggie-Plädoyer „Tiere essen“ und einem Text der amerikanischen Tierärztin Holly Cheever, der eine Kuh „den Mut zu lieben“ beibrachte. Die Kuh hatte ihr Kalb im Gebüsch versteckt, damit es der Bauer nicht wegnimmt. Danach singen zwei Liedermacher „Sag mir, wo die Tiere sind – jeden Tag ein Ei gelegt, bis der Kopf wird abgesägt“. Manches an diesem Nachmittag wirkt kurios, manches selbstgerecht. Ist Fiona Apples Hund tatsächlich ein Beispiel für artgerechten Umgang? Hat nicht auch ein Hund eine eigene Geschöpflichkeit, die es zu respektieren gilt?

Die langjährige Grünen-Europa-Abgeordnete Hiltrud Breyer prangert in ihrer Predigt die Massentierhaltung an. Das kann man nur unterstützen. Ebenso ihre Ermahnung zum Maßhalten beim Fleischkonsum. Und Pfarrer Dalchow bittet: „Gott segne die Tiere als unsere Mitgeschöpfe. Er schenke ihnen, was sie nach ihrer Art brauchen.“ Claudia Keller

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