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Berlin: Sonntags um zehn: Im Auto Marke "Polonez" zur polnischen Messe

Die beiden Flohmarkthändler haben es fast geschafft bis an ihr Ziel. Am Samstagabend waren sie in Krakau gestartet, sind durch die Nacht gefahren, doch nun, vormittags um elf, als der alte Wagen Marke "Polonez" endlich in der Karlshorster Gundelfingerstraße steht, muss doch noch schnell der Benzinschlauch repariert werden.

Die beiden Flohmarkthändler haben es fast geschafft bis an ihr Ziel. Am Samstagabend waren sie in Krakau gestartet, sind durch die Nacht gefahren, doch nun, vormittags um elf, als der alte Wagen Marke "Polonez" endlich in der Karlshorster Gundelfingerstraße steht, muss doch noch schnell der Benzinschlauch repariert werden. Irgendwie fließt der Treibstoff nicht richtig, entweder ist der Schlauch abgerutscht oder geknickt, wer weiß: Schraubenzieher raus, Motorhaube auf! Danach haben die beiden Händler schmutzige Hände - und können so ja nicht in den Gottesdienst gehen. Sie werden weiterfahren, zur Straße des 17. Juni nach Tiergarten.

Pater Eugeniusz Lodyka hält jeden Sonntag einen Gottesdienst in polnischer Sprache ab - um elf, zwei Stunden nach der deutschen Messe in der katholischen St. Mariengemeinde. Dass das Ideelle über das Materielle erhaben sein solle, ist diesmal Thema der Predigt. Die Gottesdienstbesucher - kräftige Männer sind in der Überzahl - sollten nicht nur Wohlstand in Deutschland suchen, sondern auch die Bindung an die Heimat wahren. Die Männer - meist sind es Arbeiter - verdienen in Berlin das Geld für ihre Familien daheim.

In Polen wird an diesem Sonntag der St. Marien-Tag gefeiert. Eine junge Besucherin hofft, die Messe sei diesmal festlicher: Doch der Gottesdienst ist ein gewöhnlicher. Pater Eugeniusz Lodyka erwähnt, die Kollekte der letzten Woche habe dreitausend Mark erbracht für die Hochwasser-Geschädigten im Süden Polens.

Seit 1973 werden hier, im Ostteil der Stadt, Messen auf Polnisch abgehalten: Die Gemeinde in Berlin zählt 20 000 Mitglieder. Die Katholische Kirche wirbt mit einer Liste für fremdsprachige Gottesdienste in Berlin. In der Marienkirche, gebaut in den 30-er Jahren, gibt es eine kleine, polnische extra-Kapelle, rechts vom Hauptschiff: Ein Raum fürs stille Gebet allein, in deutschen Gemeinden weniger wichtig.

Und vor Jahren, so erzählt man sich heute, soll in der Kirche ein hierzulande damals noch weitgehend unbekannter Kardinal eine Messe abgehalten haben, sein Name: Karol Wojtyla.

cdz

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