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SONNTAGS um zehn: Im Boot mit Jesus

Gottesdienst im Senioren-Wohnstift Otto Dibelius.

Am Ende verteilt Pfarrerin Monika Weber kleine weiße Schiffchen an jeden, der an ihr vorbeikommt, ob mit Rollstuhl, Rollator, Gehstock oder ohne Hilfsgerät. „Da können Sie gleich loslegen“, sagt sie oder „Nicht allein rausfahren“ oder: „Hier, das Boot zur Geschichte“.

Zur Geschichte aus dem Lukas-Evangelium von den erfolglosen, müden Fischern am See Genezareth, denen Jesus erst den ersehnten großen Fang und danach den Weg in ein neues Leben bescherte. In der hellen und proppevollen Kapelle des Mariendorfer Senioren- Wohnstifts Otto Dibelius machte die Pfarrerin daraus eine Predigt über Abstand und Nähe, aus deren Wechsel eine Kraft erwachse. Das kennten die Versammelten doch auch, sagt Weber, Bedrängtheiten, derer man sich erwehren müsse. Besonders vorm Fahrstuhl!, sagt sie und erntet wissende Lacher. Und die Rollatoren, die seien ja auch Mittel zum Abstandschaffen. Ja ja, noch mehr Lacher, so ist das wohl. Jesus, rollatorlos, musste andere Tricks anwenden. Er ließ sich vom Fischer Simon ein Stück aufs Meer fahren und lehrte von dort die am Ufer stehenden Menschen. Er fand in diesem Abstand Kraft zu der Rede. Und Simon? Saß da in einem Boot mit Jesus, der ihm einerseits ganz nah war, aber doch ein „ungleiches Gegenüber“ blieb. „Und nun möchte ich von Ihnen wissen, wann Sie mit Jesus in einem Boot saßen“, fragt Weber. „Und dann mit ihm weggefahren sind vom sicheren Ufer.“ Sie kommt aufs Vertrauen. Weil die Fischer Jesus’ Worten folgen. Sie fahren auf sein Geheiß, obschon erschöpft und müde, ins tiefe Wasser – und fischen so viel, dass ihre Boote fast sinken. „Vertrauen gegen allen Augenschein“, sagt Weber. Die Fischer beenden nach dem Fischzug ihren Job und gehen mit Jesus. Aber wann habe die Veränderung der Fischer denn angefangen? In der schlechten Nacht, in der fischlosen Zeit, der Krise. Und Jesus habe ihnen nur gezeigt, dass es einen Weg dort heraus gibt.

Weber sagt diese tröstlichen Worte zu vom Leben gezeichneten Menschen, deren nächste große Krise vielleicht die letzte auf dieser Welt ist. Und die Menschen nicken und lächeln, als sie am Ende des Gottesdienstes die Schiffchen aus der Hand der Pfarrerin erhalten. Die Schiffchen sind aus Zucker, auch sie sind nichts für die Ewigkeit. Ariane Bemmer

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