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SONNTAGS um zehn: Jubel, Trubel, Drängelei

Die evangelische Kirche in Dahlem feiert fröhlich ihr 100-jähriges Bestehen

Sonntags um zehn war sonntags um elf: Die evangelische Kirchengemeinde Dahlem freute sich so sehr über ihr 100-jähriges Bestehen, dass sie ihren Festgottesdienst prompt eine Stunde nach hinten verschob. Das kam Ausschlafwilligen und Frühstücksliebhabern natürlich sehr entgegen – die kleine Dorfkirche St. Annen war denn auch kurz vor Mittag so sehr gefüllt, dass sich Alt und Jung noch draußen drängelten, um ein paar Worte der Predigt zu erhaschen. Das Motto „Jubilate – freut euch!“ nahmen viele Gäste zum Anlass, der geschichtsumwobenen Kirche, in der Pfarrer Martin Niemöller einst zum Widerstand gegen Hitler motiviert hatte, ihren Besuch abzustatten.

„Ich komme gerne zu Hundertjährigen, denn sie haben immer so viel zu erzählen“, meinte Generalsuperintendent Martin-Michael Passauer, der die Landeskirche vertrat und die Predigt hielt. Im Plauderton und wenig wissenschaftlich-theologisch begann der Kirchenmann in seiner Ansprache gleich mit einer Frage an die Gemeinde: „Sagen Sie mir mal, wie sie das gemacht haben mit der Sonne? Sie scheinen nicht nur gute Beziehungen zu Gott zu haben, sondern auch zum Wetter!“ Mit so viel Charme konnte er dafür unisono beistimmendes Lachen ernten. Bekenntnis und Profil des christlichen Glaubens, wie es Paulus bei seinem Besuch in Athen in der Apostelgeschichte verbreitet hatte, war für Passauer eine willkommene Parallele zur Dahlemer Gemeinde, deren Engagement er immer wieder lobte. Schade jedoch, dass der Superintendent die Dahlemer Kirchengeschichte in seinen Worten nur wiederholte – niemand besser als die Gemeindemitglieder selbst kennen sie doch. Ein bisschen mehr Tiefe und eigene Gedanken wären wünschenswert gewesen. Die vielen Danksagungen – „Danke für Ihre Kirchensteuern, danke für Ihre Spenden, Ihren Einsatz ...“ – gehörten sich wohl so. Fantasievoll waren sie nicht. Dennoch ein sympathischer Redner in einer feinen Kirche, die mit Trompeten- und Orgelklängen von Antje Kühn-Bubeck und Viktor Wein musikalisch bestens bejubelt wurde. Danke, Sonne. Danke, Dahlem. Danke, Gemeindekirchenrat. Hoffentlich sagt das nächste Mal jemand „Bitte“. Liva Haensel

Liva Haensel

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