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SONNTAGS um zehn: Lebewohl mit Public Viewing Viel los beim Abschiedsgottesdienst

für Pfarrer Rütenik in Mariendorf-Süd.

Evangelisches Public Viewing: Im Zelt im Garten vor dem Gemeindezentrum Mariendorf-Süd drängen sich die Menschen. Tische und Bänke werden näher aneinandergerückt, zusätzliche Sitzgelegenheiten aufgebaut. Auf der Großbildleinwand läuft kein EM-Spiel: Der Gottesdienst aus der Kirche wird übertragen, für all jene, die in dem überfüllten Saal des Gemeindezentrums keinen Platz mehr gefunden haben. Für die kleinste der drei Mariendorfer Gemeinden ist der gestrige Sonntag ein besonderer Tag. Eine Zäsur. Es ist der Abschiedsgottesdienst für ihren Pfarrer. Nach 19 Jahren im Pfarramt geht Andreas Rütenik in den Ruhestand. Ein Nachfolger muss noch gefunden werden.

Rütenik war nach der Wende der erste Pfarrer, der aus der DDR stammte und von einer West-Berliner Gemeinde gewählt wurde. Himmelfahrt 1992 hielt er seinen Antrittsgottesdienst in Mariendorf-Süd, konnte sein Amt aber aufgrund bürokratischer Probleme mit der Kirchenverwaltung – unter anderem ging es um die Bezahlung nach Ost- oder Westtarif – erst ein gutes Jahr später antreten.

„Danke Andreas für die schönen Jahren“ – das Graffiti in roter Schrift ziert die Mauer zwischen Kirche und Pfarrhaus, wo sonst immer wieder neue bunte Gemälde prangen. „Danke, Andreas“ steht auch auf den T-Shirts vieler Jugendlicher. Die Jugendarbeit war immer Schwerpunkt seiner Arbeit. Eine erfolgreiche – darauf weist die Superintendentin des Kirchenkreises Tempelhof, Isolde Böhm, hin: Das Konfirmandenprojekt der Gemeinde wurde 2009 beim Zukunftskongress Evangelische Kirche in Deutschland besonders ausgezeichnet. „Ihr seid Evangelische Kirche, die nach außen strahlt“, sagt Böhm.

Jugendliche gestalten das Musikprogramm zum Abschied des Pfarrers. Angelehnt an Sidos „Mein Block“ rappen sie zum Psalm des Tages: „Meine Kindheit, meine Jugend, mein Konfir, meine Freunde.“ Ein ungewöhnlicher Stil in einem Festgottesdienst. Im 40-köpfigen Gospelchor und der Band dominieren ebenfalls die jungen Stimmen.

Schon bei seinem Antrittsgottesdienst vor nunmehr 20 Jahren habe er sich vorgenommen, später bei seiner Verabschiedung über das Ende des Lukas-Evangeliums zu predigen, sagt Rütenik. Das passt zwar nicht zum Kirchenjahr, aber zum Tag. Er spricht darüber, wie Jesus seine Jünger segnet und sie verlässt und diese „voller Freude zurück nach Jerusalem“ kehren, um Gott im Tempel zu preisen. Lukas beschränke sich in seiner Beschreibung auf das Wesentliche. Eben auch darauf, dass die Jünger durch die Trennung von Jesus nicht gelähmt wurden, sondern sie geradezu in Bewegung gebracht wurden. In dieser Szene stecke die Aufforderung, in jedem Abschied den neuen Anfang zu suchen. Sigrid Kneist

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