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SONNTAGS um zehn: Selbsthilfe nach Noten

Benefizkonzert für die Philippus-Kirche in Friedenau

Maria Scharwieß spielte Dudelsack, als sie am Samstagabend die Nathanaelkirche auf dem Grazer Platz in Schöneberg betrat. Was sie sah, dürfte der Kirchenmusikerin gefallen haben: Alle Plätze im Gotteshaus waren besetzt. Mehr als 800 Menschen waren am Vorabend des ersten Advent gekommen, um dem ersten Benefizkonzert für die zweite Kirche der Friedenauer Philippus-Nathanael-Kirchengemeinde, die Philippus-Kirche an der Stierstraße, zu lauschen. Viele musizierten dabei selbst: Die Kinder aus der Kindertagesstätte sangen ein von Pfarrer Wolfgang Blech auf der Gitarre begleitetes Lied. Der Chor einer koreanischen Gemeinde trat auf, und das Schöneberger Kirchenkreisorchester spielte Teile des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach, verstärkt von Profimusikern der Staatsoper und der Deutschen Oper Berlin.

Die Philippus-Kirche ist, wie berichtet, einsturzgefährdet. Die Leimbinder am Dach halten nicht mehr. 450 000 Euro soll die Sanierung des seit dem Sommer gesperrten Gotteshauses kosten. Rund 150 000 Euro davon muss die Gemeinde selbst aufbringen, sagte Pfarrer Blech zu Beginn. „Bislang haben wir rund 75 000 Euro an Spenden erhalten.“ Doch es gab auch kritische Stimmen. Weil die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz zu viele Kirchengebäude hat, wurde im Kirchenkreis auch über einen möglichen Abriss der Philippus-Kirche diskutiert. „Über kurz oder lang werden Kirchengebäude aufgegeben“, sagte Wolfgang Blech. „Jetzt kommt es auf uns an, unseren Überlebenswillen zu zeigen.“ Oder, um mit Dietrich Bonhoeffer zu sprechen: „Wir wollen nicht nur Publikum, sondern Gemeinde sein.“

Am Samstag gelang das den Friedenauer Christen eindrucksvoll. Das von Hanno Müller-Brachmann, einem Bassbariton an der Berliner Staatsoper, organisierte Konzert wurde zu einem Erfolg. Bis zum Mai kommenden Jahres folgen weitere Konzerte zugunsten der Philippus-Kirche, etwa am 10. Januar ein Auftritt von Michael Barenboim und seinem Erlenbuschquartett. „Die Idee der Selbsthilfe, die hier zum Ausdruck kommt, besticht“, sagte der Tempelhof-Schöneberger Kulturstadtrat Dieter Hapel (CDU), der die Schirmherrschaft über die Konzertreihe übernommen hat, und lobte den Optimismus der Akteure. In den Spendenkörbchen am Ausgang sammelten sich die Banknoten. Und auch eine andere Idee der Gemeinde ist Erfolg versprechend. Zusammen mit einer Bleigießerei wurde die „Friedenauer Note“ entwickelt, eine kleine Statue aus Metall, die ab sofort, etwa als Weihnachtsgeschenk, bestellt und auch bei den Konzerten gekauft werden kann. Benjamin Lassiwe

Weitere Informationen und Konzerttermine: www.rettet-philippus.de

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