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SONNTAGS um zehn: Wohin gehst Du?

In der St. Hedwigs-Kathedrale bangen Katholiken um Kardinal Sterzinsky

Die Botschaft richtete sich an die Eingeweihten, an diejenigen, denen die Messe am Sonntag so wichtig ist, dass sie sich nicht erst in die Bankreihe drücken, wenn es schon läutet. Fünf Minuten vor Beginn der Messe in St. Hedwig am Bebelplatz trat eine Nonne vor und verlas einen Brief von Diözesanadministrators Matthias Heinrich. Darin stand, dass Kardinal Georg Sterzinsky wegen einer Lungenentzündung wieder ins Krankenhaus eingeliefert wurde und dass die Ärzte seinen Zustand als „ernst“ bezeichnen. Man möge für ihn beten. Es ist das erste Mal, dass sich das Erzbistum in einem Gottesdienst offiziell zum kritischen Gesundheitszustand des 75-Jährigen äußert.

An diesem Sonntag zelebrierte Matthias Goy die Messe in der Kathedrale. Er ist der Jugendpfarrer des Bistums und webte die Sorge um den sterbenden Kardinal auf feine, dezente Art in die Textur der Messe ein. Wer wollte, konnte das Bangen heraushören, musste aber nicht. „Singt dem Herrn ein neues Lied, dass das Trauern ferne flieht“, hieß es zum Beispiel im Eingangslied.

Als Jesus seinen Jüngern ankündigt, dass er sterben werde, fragen sie ihn: „Wohin gehst Du?“. Jesus sagt ihnen, dass er ein neues Leben bei seinem Vater führen werde. Die Jünger können sich darunter nichts vorstellen. Um zu illustrieren, wie es den Jüngern gegangen sein mag, erzählte Goy von einem Kinderbuch über die Freundschaft zwischen einer Kaulquappe und einem Fisch. Die Kaulquappe wird zu einem Frosch und verlässt den Teich. Der Fisch bleibt Fisch – so wie auch der Mensch immer Mensch bleibt. Der Fisch kann sich von dem Frosch aber vorschwärmen lassen, wie schön das Leben außerhalb des Teichs ist. Auch Jesus versucht den Jüngern klarzumachen, wie wundervoll diese andere Existenz bei Gott ist, in die er eintreten werde. Aber nachfühlen können sie es nicht. Es bleibe die Sehnsucht nach dem anderen, geheimnisvollen Leben, sagte Goy, und die Hoffnung, dass Gott diejenigen, die an ihn glauben, dorthin holt.

In den Fürbitten wurde für den „kranken Kardinal“ gebetet, Gott möge ihn „aufrichten“ – er möge den Körper genesen lassen oder den Kardinal zu sich holen. Sie habe lange gehofft, dass er wenigstens wieder so weit gesund werde, dass er im Rollstuhl Bücher lesen könne, sagte eine Frau nach der Messe. Da sich sein Zustand immer weiter verschlechtere, bete sie nun für ihn, dass er nicht mehr lange leiden müsse. Claudia Keller

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