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Berlin: Sorge um Samsung in Oberschöneweide

Internes Papier der Wissenschaftsverwaltung: Ohne Ansiedlung der Fachhochschule für Technik sind 1100 Arbeitsplätze gefährdet

Sind 1100 Arbeitsplätze in Oberschöneweide gefährdet, weil die koreanische Elektronikfirma Samsung den dortigen Standort aufgeben könnte? In einem internen Papier der Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung wird dies so gesehen. Dort heißt es, der Betrieb von Samsung könnte gefährdet werden, sollte es nicht noch in diesem Jahr zu einem Beschluss von Abgeordnetenhaus und Senat kommen, in direkter Nachbarschaft die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) anzusiedeln.

„Da die Konzernspitze in Seoul den Standort Berlin in Konkurrenz zum eigenen neuen Werk in Budapest zunehmend mit einem Fragezeichen versieht, kann die Information über die Streichung des FHTW-Vorhabens an die erfahrungsgemäß sensibel reagierende koreanische Zentrale zu einer Gefährdung des Standortes von Samsung in Berlin führen“, heißt es in dem Papier, das den mit Finanzfragen befassten Abgeordneten vorliegt.

Wie der Geschäftsführer der Berliner Samsung-Niederlassung, Helmut Meinke, mitteilte, berührt die FHTW-Standortfrage in der Tat das Engagement seiner Firma in Berlin. Meinke verweist auf das neue Samsung-Werk in Budapest, das seit dem Frühjahr 2002 zwei Millionen Bildröhren pro Jahr produziert. In Berlin werden zur Zeit drei Millionen Bildröhren hergestellt, auf dem europäischen Markt vertreibt Samsung jährlich 37 Millionen Bildröhren. Insofern gebe es „keine kurzfristige Gefährdung des Berliner Standorts”. Aber wenn es um Personal- und Energiekosten gehe, sei Budapest kostengünstiger. Für Berlin spreche dagegen die höhere Qualifizierung der hiesigen Mitarbeiter. Zwar sei eine Verlagerung der FHTW nach Oberschöneweide für die Zukunft des Standorts von Samsung in Berlin „nicht ausschlaggebend“, weil ganz andere Wettbewerbsfaktoren eine Rolle spielten. Aber es werde sich für Geschäftspartner als auch für die Konzernzentrale in Seoul positiv auswirken, wenn sie bei Besuchen feststellen könnten, dass Oberschöneweide eine neue Perspektive bekommen habe. „Die Ansiedlung der FHTW wäre ein wesentlicher Schritt für die Belebung des Standortes.“

So sieht es auch der Hauptgeschäftsführer der Industrie und Handelskammer, Jan Eder: „Wenn jetzt das Abgeordnetenhaus über die Ansiedlung der FHTW positiv entscheiden würde, wäre das nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch die Wirtschaft und Stadtentwicklung ein Gewinn.“ Eder kritisierte, der Senat habe im August zur FHTW eine „Fehlentscheidung“ getroffen. Oberschöneweide war einst ein wichtiger Industriestandort. Nach der Wiedervereinigung kam der Produktionsbetrieb in Oberschöneweide weitgehend zum Erliegen, obwohl in Sanierung und Ausbau der Industriegebäude Millionen investiert worden waren. Jetzt ruht die ganze Hoffnung der verbleibenden Gewerbebetriebe auf einer Ansiedlung der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft.

Noch im Frühjahr hatte der Senat dies befürwortet, den Beschluss jedoch im Spätsommer wegen der Haushaltsnotlage widerrufen. Gelder sollten nur noch für die Fortsetzung bereits begonnener Bauvorhaben verwendet werden und nicht mehr für den Beginn neuer. Nach massiven Protesten der Industrie- und Handelskammer sowie Bürgerinitiativen in Oberschöneweide wollen die Abgeordneten aller Parteien jetzt die Ansiedlung der FHTW erneut in den Hauptausschuss bringen. Aber dann müsste außerhalb des Wissenschaftshaushalts in anderen Bereichen Geld lockergemacht werden.

Eile ist geboten, weil auch der Bund seine Gelder für den Hochschulbau so drastisch zurückfahren wird, dass nur noch bereits begonnene Bauvorhaben finanziert werden dürften. Bisher gibt es noch Hoffnung, dass der Bund die Hälfte der Gesamtkosten von 108 Millionen Euro übernehmen wird, damit die FHTW mit den Ingenieurwissenschaften und einem Teil ihrer Wirtschaftswissenschaften in Oberschöneweide angesiedelt werden kann. Der Wissenschaftsrat, der die Vergabe der Gelder für den Hochschulbau begutachtet, steht einer Investition für die FHTW aufgeschlossen gegenüber.

Uwe Schlicht

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