Sozial engagiert: Junge Muslime sammeln für Flüchtlinge
Mit der Facebook-Aktion „Kleider gegen Kälte“ sammelten junge Muslime Winterkleidung für Flüchtlingsunterkünfte in Berlin.
Im Keller der Sehitlik-Moschee am Tempelhofer Columbiadamm liegen Berge von Altkleidern: Winterjacken, Hosen, Pullover und Schuhe stapeln sich auf den langen Tafeln, an denen sonst zu Ramadan nach Sonnenuntergang gespeist wird. Junge Muslime zwischen 16 und 34 Jahren sortieren die Anziehsachen nach Männer-, Frauen und Kinderkleidung und stopfen sie in blaue Müllsäcke. Mehr als drei Wochen wurden in vier Berliner Moscheen in Wedding, Neukölln und Tempelhof Kleiderspenden gesammelt, und die jungen Gläubigen verteilen die Altkleider an mehrere Flüchtlingsheime in der Stadt. „Kleider gegen Kälte“ haben sie ihre Aktion genannt. Geworben haben sie über Facebook und direkt in den Moscheen, sagt Linnea Keilonat.
„Wir haben schätzungsweise 180 Säcke mit Kleidung und Spielsachen zusammenbekommen“, sagt die 31-Jährige. Insgesamt seien rund 40 junge Muslime aktiv geworden. Keilonat, die vor sieben Jahren zum Islam konvertiert ist und Erwachsenenpädagogik studiert, trägt Kopftuch und Winterjacke. Auf der Internetseite der Stadt berlin.de hatte sie vor einem Monat einen Aufruf von einem Flüchtlingsheim gesehen, das um Kleiderspenden bittet. Daraufhin erkundigte sie sich bei mehreren Flüchtlingsunterkünften der Stadt nach deren Bedarf. Eigentlich wollte Keilonat nur einige Freunde zusammentrommeln. Der Anstoß, die Spendenaktion größer aufzuziehen, kam von ihrem Bekannten Sami Atris (23), den sie aus der Bibliothek kennt. „Wenn wir Spenden sammeln, dann machen wir es richtig“, sagt Atris. Jetzt, wo die Kälte spürbar ist, merkten die meisten Menschen, wie unverzichtbar warme Kleidung sei, da sei das Sammeln nicht so schwer gewesen, sagt der Student. Viele Spender hatten von der Situation in den überfüllten und provisorischen Flüchtlingsunterkünften in Berlin gelesen.
Dass unter den Flüchtlingen auch viele Muslime, z.B. aus Afghanistan sind, sei nicht ausschlaggebend für ihre Aktion gewesen, betonen die jungen Spendensammler. „Und sind sie Euch keine Geschwister im Glauben, so sind sie Geschwister der Menschlichkeit“, sagt Atris. Natürlich sammelten sie die Spenden für Angehörige aller Religionen. Die Armenabgabe sei schließlich eine der fünf Säulen des Islam.
Das besondere sei, dass sich zwei sunnitische und zwei schiitische Moscheen beteiligt hätten. „Kooperationen dieser Art sind eher unüblich", erklärt Keilonat. Neben der Şehitlik-Moschee, stellten auch die Bilal-Moschee und die Al Hassanayn-Moschee in Wedding sowie die Al Torath-Moschee in Tempelhof Räume zur Verfügung, in denen die Sachen abgeliefert werden konnten. Und Atris, der auch ehrenamtlich für die Lebenshilfe tätig ist, freut sich besonders darüber, dass so viele junge Männer zum helfen gekommen sind. „Normalerweise bin ich bei solchen Aktionen der einzige Mann unter vielen Frauen“, sagt er.
Überglücklich waren die Spendensammler, als sie einem Flüchtlingsheim in Schöneberg die meisten Säcke übergeben konnten. „Die Aktion hat uns viele schlaflose Nächte gekostet“, sagen Keilonat und Atris. Doch fürs nächste Jahr stünden sie bereit, wenn es wieder Bedarf geben sollte.
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