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Berlin: Sozial gespart?

Senat will mehr Gesundheitsdienst für arme Bezirke CDU nennt die Reform „reine Rotstiftpolitik“

Der Öffentliche Gesundheitsdienst in Berlin soll zum 1. Januar 2006 verkleinert werden. Derzeit arbeiten über 2100 Menschen in den Gesundheitsämtern der Bezirke – im kommenden Jahr stehen dafür nur noch 1640 Stellen zur Verfügung. Die 84 Millionen Euro, die Berlin noch 2003 für den Dienst bereitstellte, werden um zehn Prozent gekürzt.

Die Einsparungen würden aber für die Bürger „fast nicht zu spüren sein“, meint der Berliner Gesundheitsstaatssekretär Hermann Schulte-Sasse (parteilos). Allein durch die Zentralisierung in einigen Bereichen – zum Beispiel wird die Sexual- und Familienberatung an vier Standorten konzentriert – könne man sparen.

Darüberhinaus soll der Gesundheitsdienst so umgestaltet werden, dass in den sozial schwächeren Bezirken mehr Personal bereitsteht – zu Lasten der wohlhabenderen Bezirke. Der Dienst müsse „sich vor allem um diejenigen kümmern, die sich im Gesundheitswesens nicht zurechtfinden“, sagte Gesundheitssenatorin Heidi Knake-Werner (PDS). Und das seien die sozial Schwächeren.

Die CDU sieht die Reform weniger optimistisch. Der Neuköllner Gesundheitsstadtrat Michael Freiberg, der im so genannten Lenkungsausschuss für die Reform des Gesundheitsdienstes bisher die CDU-Position repräsentierte, hat die Zusammenarbeit inzwischen aufgekündigt. „Das ist keine Reform, sondern reine Rotstiftpolitik zu Lasten der Schwächsten“, sagt Freiberg. So plane der Senat, die Beratungsstellen für sinnesbehinderte Kinder an der Charité zu konzentrieren. Bisher gibt es vier solcher Stellen: in Reinickendorf für sprachbehinderte Kinder, in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln je eine für hörbehinderte und in Mitte für sehbehinderte Kinder. „Das Klinikum betreut nur rein medizinisch“, sagt Freiberg. „Doch die wichtige Beratung der Kinder und deren Familien fällt weg.“

Gesundheitsstaatssekretär Schulte-Sasse weist diese Kritik zurück. „Wir wollen drei der vier Beratungsstellen erhalten.“ Nur die Diagnostik der Behinderungen, die die Beratungsstellen auf Kosten des Steuerzahlers noch anbieten, könne an die Charité wechseln. „Dafür sind die Krankenkassen verantwortlich.“

Freiberg kritisiert auch die Einsparungen bei der therapeutischen Betreuung von rund 2400 mehrfach behinderten Kindern und Jugendlichen an Kitas und Schulen. Diese sollen komplett in die Verantwortung der Schulverwaltung wechseln. Da aus diesem Bereich für 2005 aber bereits 600 000 Euro gestrichen wurden, sei das eine Verschlechterung der Versorgung, sagt Stadtrat Freiberg. „Das ist das Geld für siebzehn Therapeutenstellen.“ Insgesamt arbeiten derzeit 196 Therapeuten in diesem Bereich.

„Die 600 000 Euro bedeuten pro Bezirk 50 000 Euro, das ist ohne große Einschränkungen zu erbringen“, sagt dagegen Schulte-Sasse. Durch den Wechsel in die Schulverwaltung sei die Betreuung der Behinderten weiter auf dem bisherigen Niveau gewährleistet.

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