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Soziale Brennpunkte: Den Familien zur Seite stehen

Zwischen wohlhabenden Stadtteilen und Problemquartieren wird das soziale Gefälle immer größer. Um die Lage in sozialen Brennpunkten zu verbessern, will der Senat zuständige Stellen stärker mit örtlichen Initiativen vernetzen.

Von Sabine Beikler

Wer kann, zieht weg aus sozialen Brennpunkten. Mithilfe des Quartiersmanagements (QM) wollte der Senat dieser negativen Entwicklung begegnen. Nur das allein reicht nicht mehr: Der Senat will vor allem neue Impulse in der Familienpolitik setzen. Der Familienbeirat hat sich wie berichtet neu konstituiert. Und zurzeit laufen Gespräche mit den Bezirken, wie einzelne Politikbereiche besser vernetzt werden können, sagt Manuela Damianakis, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung. Denn das „klassische Quartiersmanagement“ gehe weg von den reinen Bau- und Infrastrukturmaßnahmen und hin zur Einbeziehung von den Sachgebieten Bildung, Integration und Arbeitsmarkt.

In der Theorie klingt dieser Ansatz sehr überzeugend, doch in der Praxis funktioniert das Quartiersmanagement in 33 Gebieten nur durch „bürgernahe Mitbestimmung“, wie Projektleiterin Jeanne Grabner, Projektleiterin vom Stadtteilmanagement Brunnenstraße, sagt. Rund um das QM-Gebiet Brunnenstraße wohnen 120 000 Menschen, 40 Prozent leben von staatlicher Unterstützung, der Migrantenanteil liegt bei 35 Prozent. „Wir haben etwa 40 Projekte von Bürgern für Bürger ins Leben gerufen, die von Nachhilfe, Kochen bis hin zu Gymnastik ihre Dienste anbieten. Dafür zahlen wir maximal eine Aufwandsentschädigung“, erzählt die Projektleiterin. Viele würden sich ausschließlich ehrenamtlich beteiligen. Durch ihr Engagement im Kiez hätten viele Arbeitslose auch wieder neues Selbstbewusstsein entwickelt. Gezielt gehen die QM-Projektmitarbeiter auch auf Migranten zu, die ihnen die Türen zu ausländischen Familien öffnen, um sie für Projekte zu begeistern.

17,2 Millionen Euro erhält Berlin jährlich aus dem von Bund, EU und Land finanzierten Programm „Soziale Stadt“. Welches Projekt aber mit diesen Mitteln finanziert wird, entscheiden in Berlin nicht die Verwaltungen, sondern die örtlichen Quartiersräte. In jeden Rat werden – je nach Gebietsgröße – 30 bis 40 Bürger gewählt: zu 49 Prozent Anwohner und 51 Prozent Anrainerinitiativen.

Doch nicht überall funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Quartiersräten, dem Senat und den Bezirken gut. In Kreuzberg zum Beispiel gibt es handfesten Krach zwischen Quartiersräten und der Grünen-Jugendstadträtin Monika Herrmann. In ihrem Ressort ist das Quartiersmanagement angesiedelt. „Für die Stadträtin ist es ein Problem, wenn Bürger entscheiden, weil sie glaubt, wir wären nicht kompetent“, sagt Marc Konic, Quartiersratssprecher am Kottbusser Tor. Diesen Vorwurf weist Herrmann von sich, sie legt Wert auf die „Wächterfunktion“ des Bezirks. Doch auch der SPD-Kreisverband fordert die Ansiedlung des Quartiersmanagements bei Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne). Der hat gestern auf die Kritik reagiert: Schulz übernimmt ab 2008 die Zuständigkeit für das Quartiersmanagement. „Als Bezirksamt wollen wir bei QM mitwirken.“ Und das gehe nur in einer „guten Kooperation“ mit allen Beteiligten. Sabine Beikler

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