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© Thilo Rückeis

Soziale Projekte: Kein Personal – Senat verzichtet auf Kontrolle

Geförderte Institutionen und Vereine werden teilweise seit 2004 nicht mehr überprüft. Die Opposition beklagt "Desorganisation" und "rechtswidriges Verhalten".

Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) hat offenbar nicht nur beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kaum geprüft, was mit den Zuschüssen geschieht, mit denen er Institutionen in der Stadt fördert. Seine Behörde hat auch 30 weitere Schulen, Stiftungen, Vereine und Bildungseinrichtungen seit Jahren nicht kontrolliert Das geht aus einer Vorlage für den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses hervor, die dieser Zeitung vorliegt. Zöllners Staatssekretär Hans-Gerd Husung begründet die Versäumnisse mit Engpässen beim Personal.

Die prominenteste Institution auf der Liste ist das DIW, das derzeit von einer Finanzaffäre erschüttert wird. Im vergangenen November hatte der Landesrechnungshof kritisiert, dass das Haus über mehrere Jahre insgesamt sieben Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln falsch verwendet habe. Zugleich bemängelte die Behörde, dass der Wissenschaftssenat seit 2005 nicht mehr geprüft habe, ob das DIW die öffentlichen Zuschüsse korrekt ausgibt. Das DIW erhält pro Jahr 13 Millionen Euro von Bund und Land. Daraufhin wollte der Hauptausschuss vom Senat wissen, wie genau er generell prüft.

Das Ergebnis: Teilweise hat Zöllners Behörde seit 2004 nicht mehr ermittelt, was mit dem öffentlichen Geld geschieht. Auf der Liste stehen etwa die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung, die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung oder die Volkshochschule der Jüdischen Gemeinde. Auch Jugendeinrichtungen sind darunter: das SOS-Kinderdorf, Caritasverbände oder das Diakonische Werk. Aus dem Bereich Wissenschaft und Forschung wurden die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften ohne Prüfung gefördert, daneben das Wissenschaftszentrum oder das Fachinformationszentrum Berlin.

Die Prüfungen seien bei Institutionen „zurückgestellt“ worden, „die seit Jahren eine Zuwendung erhalten und bei denen es keine Beanstandungen bei der Bewirtschaftung von Zuwendungsmitteln gegeben hat“, schreibt Husung an den Hauptausschuss. Über die Summe, die die nicht kontrollierten Verbände und Einrichtungen bekommen, konnte Zöllners Behörde am Freitag keine Auskunft geben.

Normalerweise muss ein Institut der Senatsverwaltung regelmäßig nachweisen, wie es die Zuschüsse ausgegeben hat. Dies muss die Behörde dann binnen weniger Monate prüfen – und kann, wenn nötig, Geld zurückfordern. Inwieweit dies beim DIW geschehen wird, ist noch unklar: Zöllner findet, dass das DIW nur 150 000 Euro falsch ausgegeben hat, der Rechnungshof kommt auf sieben Millionen.

In den vergangenen Jahren forderte das Land immer weniger Geld von den Institutionen zurück, die sie unterstützt. Das geht aus einer Anfrage der FDP an die Finanzverwaltung hervor. 2007 lag der Betrag noch bei 32 Millionen Euro, 2008 und 2009 sank er auf jeweils 21 Millionen.

Laut Staatssekretär Husung prüfte der Wissenschaftssenat nicht, weil „die Personalsituation insgesamt angespannt“ gewesen sei, wegen langer Krankheiten, Personalwechsel und der Arbeitszeitverkürzung. Allerdings schreibt er auch, dass die zuständigen Mitarbeiter ihm eine Überlastung gar nicht angezeigt hätten. Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, nannte die Versäumnisse ein „rechtswidriges Verhalten“. Husung habe sich über die Prüfvorschriften hinweggesetzt. Auch von der CDU kam Kritik. Es gebe „eine personelle Desorganisation“ bei Zöllners Behörde, sagte Finanzexperte Michael Wegner. Der Fall des DIW sei offenbar nur „die Spitze des Eisbergs“. Personalprobleme dürften nicht die Arbeit einer Behörde einschränken, „vor allem nicht, wenn es um Geld des Steuerzahlers geht.

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