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Sozialpolitik: Keine neuen Sozialarbeiter für den Kinderschutz

Berlins Finanzsenator Sarrazin setzt sich durch. Die Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Hauptstadt bekommen keine neuen Mitarbeiter. Der Senat beschließt lediglich, weniger Stellen als geplant in den Gesundheitsämtern abzubauen.

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Die bezirklichen Kinder- und Jugendgesundheitsdienste bekommen keine neuen Mitarbeiter, um präventive Aufgaben des Kinderschutzes zu übernehmen. Es wird also nicht 24 neue Stellen – also zwei pro Bezirk – geben, wie sie dem Bezirken ursprünglich versprochen worden waren. Der Senat hat dagegen gestern lediglich beschlossen, den ursprünglich vorgesehenen Personalabbau in den Gesundheitsämtern nicht fortzusetzen. Die 24 Stellen, über die lange diskutiert worden war, werden jetzt also nicht zusätzlich neu geschaffen, sondern lediglich nicht gestrichen. Mit diesem vorhandenen Mitarbeitern sollen die Gesundheitsämter nach den Vorstellungen des Senats auch neue Aufgaben übernehmen. Beispielsweise sollen, wie berichtet, Sozialarbeiter alle Familien nach der Geburt ihres ersten Kindes aufsuchen, damit in Risikofällen schneller geholfen werden kann.

Damit hat sich im Senat im Streit um diese Stellen offensichtlich Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) gegen Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) durchgesetzt, die wie die bezirklichen Gesundheitsstadträte und Teile der SPD-Fraktion mehr Personal gefordert hatte. „Die Senatorin hätte sich schon mehr gewünscht“, so lautet gestern der Kommentar von Lompschers Sprecherin Regina Kneiding. Sie verweist zudem darauf, dass in den nächsten Monaten überprüft werden soll, wie die Arbeit in den Gesundheitsdiensten läuft. Demgegenüber hatte in den letzten Wochen Spandaus Gesundheitsstadträtin Martin Matz (SPD) immer wieder Lompscher vorgeworfen, sich nicht genügend für die bezirklichen Gesundheitsdienste einzusetzen. Er sehe nicht, wie mit dieser Personalausstattung die Zahl der Besuche bei Familien mit Neugeborenen gesteigert werden könne. Und er sehe nicht, wie künftige Aufgaben, etwa das geplante, so genannte „verbindliche Einladungswesen“ zu den Vorsorgeuntersuchungen von Kindern und Jugendlichen übernommen werden können.

Seine Neuköllner Kollegin Stefanie Vogelsang (CDU) sprach von einer „katastrophalen Fehlentscheidung“ des Senats, die eindeutig zu Lasten der Kinder gehe. Sie treffe alle Bezirke, besonders aber belaste sie jene wie Neukölln mit vielen sozialen Problemen.

Für die Tempelhof-Schöneberger Stadträtin Sibyll Klotz (Grüne) ist die Nachricht ein „totales Desaster“. Die Bezirke müssten immer mehr Aufgaben übernehmen wie zum Beispiel die kürzlich beschlossenen verpflichtenden Untersuchungen für alle dreieinhalbjährigen Kinder. Mit acht Sozialarbeiterstellen im Bezirk, von denen zurzeit zwei nicht besetzt sind, seien diese Aufgaben nicht zu erfüllen. Die Entscheidung des Senats sei ein „Schlag ins Gesicht der Kinder und Jugendlichen in der Stadt“.

Klotz will jetzt mit anderen Stadträten eine gemeinsame Sitzung mit den Jugendstadträten initiieren. Denn diese hatten massiven Druck ausgeübt, um die zusätzlichen jeweils zwei Stellen für Sozialarbeiter in den Jugendämtern auch besetzen zu können. Der Senat beschloss gestern, dass zehn Mitarbeiter von außen eingestellt werden können. Elf Beschäftigte aus dem Stellenpool seien bereits von den Bezirken ausgesucht worden, drei seien in einer Erprobungsphase.

Denkbar ist jetzt, dass aus dem Abgeordnetenhaus eine Initiative ergriffen wird, die Stellen für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst doch über einen Parlamentsbeschluss zu schaffen. Dieses Verfahren, einen Antrag einzubringen, ist aber langwierig und kann frühestens im Herbst nach der Sommerpause auf den Weg gebracht werden. „Es ist aber eine Möglichkeit“, sagte die SPD-Gesundheitsexpertin Stefanie Winde.

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