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Knake-Werner

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Sozialsenatorin Knake-Werner: "Keine einzige Fachkraft wird durch Azubis wegfallen"

Sozialsenatorin Knake-Werner will mit einem Ausbildungsmodell mehr Qualität in Pflegeheime bringen. Kritik weist die Politikerin der Linken zurück.

Nach einer umstrittenen Entscheidung der Senatssozialverwaltung dürfen Pflegeheime ab diesem Jahr Auszubildende auf den Personalschlüssel anrechnen: Drei Lehrlinge können nun statt einer Pflegehilfskraft beschäftigt werden. Kritik kommt von der Gewerkschaft Verdi und dem Berufsverband der Pflegeberufe und auch von der CDU und den Grünen. Azubis könnten als billige Arbeitskräfte missbraucht werden, so die Befürchtung. Ingo Bach und Hannes Heine sprachen mit der Sozialsenatorin über die Hintergründe der Entscheidung.

Frau Knake-Werner, warum haben Sie diese Entscheidung getroffen?

Wir wollen damit die Ausbildung von Altenpflegern fördern, die Qualifikation erhöhen und die Pflegequalität verbessern. Es gibt aus unserer Sicht zu wenig Ausbildung in dem Bereich. Nur etwa 90 der rund 290 Berliner Heime bilden überhaupt aus. Und diese Unternehmen sind auch noch benachteiligt, wenn sie die Ausbildungskosten auf die Pflegeheimkosten umlegen, was sie laut Bundesgesetz dürfen. Sie sind damit teurer sind als Heime, die nicht ausbilden. Ein klarer Wettbewerbsnachteil, den wir durch die Regelung abmildern wollen.

Einige Betriebsräte aus Heimen befürchten, dass teurere Vollzeitkräfte durch billigere Auszubildende ersetzt werden – und diese später nicht übernommen werden.

Keine einzige Fachkraftstelle wird durch die neue Regelung wegfallen. Azubis können gar keine regulären Stellen ersetzen, dazu sind sie viel zu oft in der Berufsschule. Außerdem müssen sie ständig durch erfahrene Pflegekräfte begleitet werden. Deshalb dürfen nur die Einrichtungen ausbilden, in denen mindestens sechs Fachkräfte arbeiten. Und schließlich haben auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen und die Heimaufsicht die Pflicht, die gesetzlich vorgeschriebene Personalausstattung in den Heimen zu kontrollieren. In Berlin liegt der Mindestanteil an Fachkräften, die eine dreijährige Ausbildung erfahren haben, am Gesamtpersonal bei 52 Prozent und damit über den Bundesvorgaben von 50 Prozent. Ich gehe davon aus, dass Heime zunehmend Bedarf an gut ausgebildetem Fachpersonal haben werden. Viele Azubis werden übernommen werden.

Die neue Regelung sei unnötig gewesen, sagen die Gewerkschaften. Als Senatorin hätten sie einen Ausbildungsnotstand erklären können. Dann wäre es möglich gewesen, dass Heimbetreiber, die nicht ausbilden, eine Abgabe zahlen müssen.

Bis heute gibt es in Deutschland keine wirkliche Ausbildungsplatzabgabe. Nur im Krankenhausbereich ist bundesweit ein gemeinsamer Ausbildungspool zustande gekommen, in den alle Kliniken einzahlen. In der Altenpflege konnten wir uns aber nicht auf ein solches Modell einigen. Die zahlreichen kleinen Heimbetreiber haben solchen Vorschlägen nicht zugestimmt. Durch die neue Regelung können in Berlin nun aber genügend Ausbildungsplätze geschaffen werden.

Aber auch ohne diese Regelung ist in den vergangenen Jahren die Zahl der in Berlin ausgebildeten Altenpfleger gestiegen - von 385 im Jahr 2004 auf 601 im Jahr 2006. Hätte man da nicht auf die umstrittene Änderung verzichten können?

Es geht weniger um einen aktuellen Mangel an Pflegekräften als um einen perspektivischen. Der Bedarf an professionellen Pflegeleistungen wird durch die älter werdende Gesellschaft stark steigen. Wir müssen jetzt einen Anreiz zur Ausbildung anbieten, um einen Fachkräftemangel in Zukunft zu vermeiden.

Kritiker fordern mehr Anerkennung für Pfleger. Zudem würden sie mit unter sieben Euro pro Stunde zu schlecht bezahlt. Teilen Sie die Vorwürfe?

Ja. Ich bin für eine Aufwertung der Pflegeberufe, dazu gehört ein ordentlicher Lohn. Deshalb trete ich auch ganz klar für einen Mindestlohn in der Pflege ein, der über den derzeit üblichen Gehältern liegt. Ich habe das ja mehrfach öffentlich geäußert. In dieser Frage freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit der CDU.

Heidi Knake-Werner ist Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales. Die 64-Jährige ist Mitglied der Partei Die Linke. Zur Senatorin wurde die Sozialwissenschaftlerin Anfang 2002 ernannt.

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