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Sozialunternehmen: Neuer Treberhilfe-Leiter will Unternehmen durchleuchten

Seit Montag hat die skandalerschütterte Treberhilfe einen neuen Geschäftsführer: Jens Fischer fährt Bus oder Bahn und war bis 1990 Bürochef von Helmut Schmidt.

Die Strecke von seiner Wohnung in Kreuzberg bis zum Dienstort in Schöneberg legt Jens Fischer mit dem Rad zurück. Abgesehen davon, dass sie derselben Partei nahestehen, gibt es zwischen dem neuen Treberhilfe-Chef und dem alten kaum Gemeinsamkeiten. „Ich bin kein Feuerkopf.“ Einen Maserati zur öffentlichen Profilierung braucht Fischer auch nicht. Er fährt Bus und Bahn oder nimmt das Flugzeug. Früher besaß er mal einen VW Passat.

Der 66-jährige Unternehmer ist seit Montag Interimsgeschäftsführer des skandalerschütterten Sozialunternehmens. Bekannt wurde Fischer vor allem als Bürochef von Altkanzler Helmut Schmidt. Zehn Jahre lang sorgte er sich um die Geschäfte des SPD-Politikers, bis er 1990 zur Aufbauarbeit nach Brandenburg abkommandiert wurde. Für den ersten Ministerpräsidenten Manfred Stolpe organisierte er den Wahlkampf und schrieb Reden, anschließend kümmerte er sich um den Aufbau der Wirtschaftsförderung. Wegen interner Querelen verabschiedete er sich nach einigen Jahren wieder aus der Landespolitik.

Erfahrungen als Geschäftsführer hat Fischer in ehemaligen Treuhandunternehmen gesammelt. Zusammen mit einem Partner übernahm er die Handelstochter des Textilmaschinenkombinats (Textima) und die „Leuna Polymer“. 2002 verkaufte er seine Beteiligungen und übernahm ehrenamtliche Tätigkeiten, etwa im Aufsichtsrat des Potsdamer Oberlin-Hauses, einem Sozialunternehmen mit 1500 Mitarbeitern. Seit 2006 ist er Kuratoriumsvorsitzender der Diakonie-Stiftung Lazarus.

Daher kennt er den Vorstand des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg, Thomas Dane, persönlich. Als dieser ihn anrief und um Hilfe bat, habe er spontan zugesagt, erzählt Fischer. „Ich habe Lust dazu.“ Jetzt müsse er sich in das komplizierte Projektgeflecht der Treberhilfe einarbeiten. „Ich habe eine Menge zu lernen.“ Zum beurlaubten Treberhilfe-Chef Harald Ehlert sagt Fischer nur so viel: „Manche Dinge sind schwer zu begreifen. Ich habe etwas andere Vorstellungen.“

Sechs bis neun Monate will er sein neues Amt ausüben, um die Treberhilfe wieder „auf die Spur zu kriegen“. Es gebe eine „gute Mannschaft“, die es neu zu motivieren gelte. Ob Harald Ehlert später wieder die Geschäfte übernehmen kann, ist völlig offen. Gegenwärtig wird das Unternehmen, das mit 280 Mitarbeitern zuletzt 12 Millionen Euro Jahresumsatz gemacht hat, von verschiedenen Seiten durchleuchtet. Die Senatsverwaltung für Soziales prüft die Abrechnung von Zuwendungen, die Diakonie hat eine externe Prüfung der Geschäfte in Auftrag gegeben. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob die erzielten Gewinne des Unternehmens – bis zu einer Million Euro im Jahr – für gemeinnützige Zwecke verwendet wurden. Mit ersten Ergebnissen rechnet Diakonie-Sprecherin Christiane Lehmacher-Dubberke erst Ende März. Einen Aufsichtsrat hat die Treberhilfe inzwischen gegründet. Die ehemalige Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner ist Mitglied, Thomas Dane Vorsitzender.

Die Treberhilfe hat vor allem mit der Betreuung von Obdachlosen, Straßensozialarbeit und speziellen Jugendhilfe-Projekten viel Geld verdient. Die Umsatzrendite erreichte 2008 rund zehn Prozent. Üblich sind bei freien Trägern drei bis sechs Prozent. In den vergangenen 20 Jahren ist die Treberhilfe stetig gewachsen. 2005 konnte die „Villa DenkMal“ auf einem Seegrundstück in Caputh eröffnet werden, einem großzügigen Anwesen mit Steg, das intern als Bildungszentrum firmiert. Die Vermögenswerte der Treberhilfe beliefen sich Ende 2008 nach Auskunft des Diakonischen Werks auf 8,5 Millionen Euro.

Harald Ehlert hat seine Gesellschafteranteile von 50 Prozent inzwischen zurückgegeben. Dafür erhielt er nach Auskunft des Diakonischen Werks 15500 Euro, genau die Summe, die er eingezahlt habe. Berichte, die Treberhilfe habe ihm Vermögenswerte überschrieben, darunter die Villa DenkMal, wies die Diakonie zurück. Für die Wohnung, die Ehlert auf einem Anwesen der Treberhilfe unterhält, zahle er eine Nettokaltmiete von sieben Euro pro Quadratmeter. Dieses Mietverhältnis werde ebenfalls überprüft.

Jens Fischer wird mit Sicherheit in Kreuzberg wohnen bleiben. Dort ist er für den Kreisverband der SPD als Kassierer tätig. Mit korrekter Buchführung kennt er sich also bestens aus. So einen können sie bei der Treberhilfe gut gebrauchen.

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