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Berlin: Spandau knallhart

Sozialstadtrat spricht von einem Problembezirk – das empört die CDU und die FDP im Rathaus

„Profilierungssucht“ wird ihm vorgeworfen, er habe Spandau „einen Bärendienst“ erwiesen: Seit Spandaus neuer Sozialstadtrat Martin Matz wie berichtet den Bezirk als sozial problematisch bezeichnet hat und mit Neukölln oder Friedrichshain-Kreuzberg verglich, greifen ihn die CDU und die FDP im Rathaus heftig an.

Der Spandauer CDU-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Kai Wegner warf Matz vor, den Bezirk „populistisch schlechtzureden“. Die Spandauer Verhältnisse mit Neukölln zu vergleichen, sei „eine Frechheit und völlig unangebracht“, erklärte er gemeinsam mit dem BVV-Fraktionsvorsitzenden der CDU, Arndt Meißner. Mit seiner Bilanz schade Matz dem Bezirk „aus persönlicher Profilierungssucht“.

Aus der eigenen Partei erhält der Sozialstadtrat hingegen Rückendeckung. Man habe Matz geholt, „um mit unverstelltem Blick die Lage in Spandau ehrlich zu analysieren, die Probleme offen anzusprechen und Maßnahmen zu ergreifen“, konterte der SPD-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Swen Schulz. Insbesondere Bezirksbürgermeister Konrad Birkholz (CDU) habe in den letzten Jahren die Augen vor den sozialen Problemen verschlossen und im Zweifelsfall einfach dem Senat die Schuld gegeben. „Spandau braucht Ehrlichkeit statt Traumtänzerei, offene Gespräche ohne Tabus statt Nörgelei, Ideen statt Schuldzuweisungen.“

Matz hatte erklärt, Spandau sei hinsichtlich der sozialen und gesundheitlichen Probleme der Bevölkerung nicht – wie bisher üblich – mit Reinickendorf oder Steglitz-Zehlendorf zu vergleichen, sondern eher mit Neukölln oder Friedrichshain-Kreuzberg. Die bekannten Fakten seien bisher von der Kommunalpolitik ignoriert worden. So seien in keinem Bezirk mehr Verbraucher zahlungsunfähig als in Spandau, auch bei der Häufigkeit von Krankenhausaufenthalten oder der Selbstmordrate von Frauen habe der Bezirk besonders hohe Zahlen. Das Bildungsniveau sei in Berlin nirgendwo schlechter als in Spandau und in Neukölln, bei den Arbeitslosenzahlen befinde man sich auf dem dritten Platz.

Spandaus FDP-Fraktionschef Paul Fresdorf warf dem Stadtrat vor, die Probleme zuvor als Mitglied des Abgeordnetenhauses selbst mit verursacht zu haben. So habe Matz im Lenkungsausschuss für die Reform des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) für das von ihm jetzt beklagte Fehlen von Suchtberatungsstellen in den Außenbezirken gesorgt.

„Es geht nicht an, dass diejenigen, die im Land und im Bezirk das Porzellan zerschlagen haben, sich jetzt als Saubermänner aufspielen“, sagte CDU-Chef Wegner. Man habe jahrelang vor Fehlentwicklungen in Problemkiezen mit hohem Ausländeranteil gewarnt. Die Spandauer SPD, die seit 2001 den Gesundheits- und Sozialstadtrat stellt, hätte davor selbst über Jahre hinweg ihre Augen verschlossen.

Martin Matz wies die Vorwürfe zurück: „Das sagt alles nichts darüber aus, warum die Zahlen in Spandau schlechter sind als im restlichen Berlin.“ Er wolle die Probleme öffentlich diskutieren. Die Reform des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sei eine Strukturreform. Man versuche, bessere, arbeitsfähige Einrichtungen zu schaffen – beispielsweise durch die Verlagerung der Suchtberatungen auf freie Träger. Dadurch würden die bereitgestellten Gelder in Berlin neu verteilt. Und davon, so Martin Matz, „profitiert letztlich auch Spandau“.

Rainer W. During

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