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Berlin: Spannend wird der Prozess gegen Ion H..

Der Fall hatte Aufsehen erregt: Vier hochqualifizierte Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) waren verdächtig, gemeinsame Sache mit rumänischen Kriminellen gemacht zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte über viele Monate mit hohem Aufwand, die Beamten wurden spektakulär auf ihrer Dienststelle festgenommen.

Der Fall hatte Aufsehen erregt: Vier hochqualifizierte Ermittler des Landeskriminalamts (LKA) waren verdächtig, gemeinsame Sache mit rumänischen Kriminellen gemacht zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelte über viele Monate mit hohem Aufwand, die Beamten wurden spektakulär auf ihrer Dienststelle festgenommen. Die Vorwürfe basierten auf den Aussagen des rumänischen Kronzeugen Ion H. Doch der sagte vermutlich die Unwahrheit. Die Staatsanwaltschaft rehabilitierte die Beschuldigten und klagt nun H. wegen Meineids an.

Seit vorgestern liegt dem Rumänen die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vor. H. wird darin vorgeworfen, bei einer zwölfstündigen Vernehmung am 18. Dezember 1998 falsche Beschuldigungen gegen die vier Polizisten des LKA vorgebracht zu haben. Bei der Vernehmung, die von einem Richter durchgeführt wurde, wurde Ion H. anschließend vereidigt.

Unter anderem hatte der vermeintliche Kronzeuge ausgesagt, er und weitere Angehörige einer rumänischen Gruppe hätten dem Kriminalhauptkommissar F. in einem Restaurant 50 000 Mark an Bestechungsgeldern übergeben, da der Polizist wertvolle Tipps für Einbrüche gegeben habe. Mit einer Tochter eines Ermittlers wollte er ein Verhältnis gehabt haben, ein anderer Kollege soll interne Informationen aus Polizeiermittlungen weitergegeben haben.

Nach den Vernehmungen und weiteren Ermittlungen wurden die vier Polizisten durch die "AG Rumänenbanden" Mitte März festgenommen. Weitere Nachforschungen förderten zu Tage, dass sich Ion H. vieles ausgedacht hatte. Bei einer Vernehmung im Mai widerrief er viele Aussagen, zog allerdings diesen Widerruf später zurück. Im Sommer stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen die Polizisten schließlich ein.

Der Fall führte zu erheblichen Verstimmungen in der Polizei. Im LKA warf man der "AG Rumänenbanden" (AG Rumba) miserable Ermittlungen vor, die offensichtlich nur auf einem einzigen Zeugen basierten. Zwei der zu Unrecht beschuldigten Beamten trafen sich am 31. August zu einer Aussprache mit Polizeipräsident Hagen Saberschinsky. Das Gespräch brachte keine Annäherung; noch immer sind viele Beteiligte der Meinung, Saberschinsky habe die AG Rumba gedeckt. "Wenn eigene Beamte so beschuldigt werden, dann muss ich doch erstmal konkreter nachfragen. Da kann man sich doch nicht nur mündlich berichten lassen", kritisiert ein Beteiligter. Saberschinsky hatte sich gelegentlich mündlich von der AG Rumba über die Ermittlungen unterrichten lassen, sich aber ansonsten nicht eingemischt. Berlins oberster Polizist beharrt nach wie vor darauf, er habe sich nicht zu entschuldigen - eine Äußerung, die ihm im LKA übel genommen wird. In der Polizei wird der Prozess gegen Ion H. deshalb mit einiger Spannung erwartet. Wenn H. diesmal ausnahmsweise die Wahrheit sage, könnten noch einige pikante Details bekannt werden. H. selber sollte daran interessiert sein. Meineid vor einer Großen Strafkammer wird in der Regel nicht unter vier Jahren bestraft.

Holger Stark

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