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Berlin: Spar-Gerangel am Ort des Terrors

Internationale Proteste gegen verschobenen Bau der Austellungshalle an der Gesta VON CHRISTOPH STOLLOWSKY BERLIN. Es sollte eine Stätte werden, an der Berlin Zeugnis ablegt, "daß in dieser Stadt nichts verdrängt und vergessen wird": Das sagte der Regierende Eberhardt Diepgen anläßlich des symbolischen Spatenstiches im Mai 1995.

Internationale Proteste gegen verschobenen Bau der Austellungshalle an der Gesta VON CHRISTOPH STOLLOWSKY

BERLIN. Es sollte eine Stätte werden, an der Berlin Zeugnis ablegt, "daß in dieser Stadt nichts verdrängt und vergessen wird": Das sagte der Regierende Eberhardt Diepgen anläßlich des symbolischen Spatenstiches im Mai 1995.Doch angesichts des Geldmangels wurde der Bau einer Ausstellungshalle mit Besucher- und Dokumentationszentrums zur "Topographie des Terrors" an der früheren Gestapo-Zentrale auf dem Prinz-Albrecht-Gelände vom Senat jüngst ins Jahr 2000 verschoben.Seither mehren sich Proteste.Kritiker im In- und Ausland zweifeln an der politischen Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen, verweisen auf rund acht Millionen Mark, die für vorbereitende Arbeiten investiert wurden und befürchten das endgültige Aus des Projektes.Pessimistisch sind sie vor allem im Hinblick auf zugesagte Bundeszuschüsse in Höhe von rund 17,5 Millionen Mark, mit denen etwa 40 Prozent der Gesamtkosten des Projektes von 45 Millionen Mark bestritten werden sollten.Dieses Geld wollte der Bund bis zur geplanten Fertigstellung 1997 / 98 überweisen, "doch nun verfällt es", sagte gestern ein Sprecher der Stiftung "Topographie des Terrors" anläßlich einer Protestaktion der Fraktion Bündnis 90 / Grüne am vorgesehenen Baugelände.Es liegt neben dem heutigen provisorischen Ausstellungspavillon über die SS-Greuel zwischen Martin-Gropius-Bau und Niederkirchnerstraße. Unter der Regie der Stiftung sollte auch das neue Ausstellungszentrum gestaltet werden.Aus ihrer Sicht "steht es aber in den Sternen, ob spätere Bundesregierungen Zuschüsse zahlen".Immerhin habe die Senatskulturverwaltung drei Jahre mit Bonn gerungen, "bis entsprechende Gelder zugesagt wurden".Tatsächlich muß der Bund seine Finanzierungszusagen nicht unbegrenzt aufrechterhalten.Falls das Vorhaben verschoben werde, müsse man "später wieder verhandeln", sagte am Donnerstag eine Specherin des Bundesfinanzministeriums. Kultursenator Peter Radunski (CDU) gab sich gestern jedoch im Abgeordnetenhaus optimistisch.Der Senat halte an der Gedenkhalle fest, versicherte er.Die Verschiebung sei mit dem Bund abgestimmt.Gegenüber dem Tagesspiegel sagten allerdings Sprecher der zuständigen Finanz- und Innenministerien in Bonn, bisher sei man über den Sparbeschluß noch nicht unterrichtet worden. Zur Zeit schürfen Archäologen auf dem Baugelände.Teile von Zellen sowie kleinere Funde wie Dienstpistolen haben sie am "Ort der Täter" entdeckt.In Kürze sollten nun die Bauarbeiter kommen, denn alle Planungen sind abgeschlossen.Sie kosteten rund acht Millionen Mark.Das Gebäude war im Rahmen eines Architektenwettbewerbes ausgeschrieben worden.Wichtigste Vorgabe: Es darf keine "künstliche Konkurrenz" zur authentischen Sprache des Originalschauplatzes schaffen, der als überwuchertes Kriegstrümmerfeld erhalten bleiben soll.Der Schweizer Architekt Peter Zumthor bekam den Zuschlag für eine eher unauffällig wirkende Halle aus Betonstützen mit großen Glasflächen.Auch im Inneren soll die Umgebung gegenwärtig sein, weshalb kein fester Boden die Besucher vom Ort des Schreckens trennt.Sie laufen über Sand und Erde. Der Vorsitzende des Zentralrates der Deutschen Juden, Ignatz Bubis, sowie Experten aus Israel und den USA, wirkten an der Konzeption mit - unter ihnen Sybil Milton vom US Holocaust Memorial Museum in Washington.Entsprechend breit sind nun die Proteste gegen den Aufschub des international beachteten Projektes.Aus Sicht der Topographie des Terrors hat es angesichts des Umzuges der Bundesregierung zusätzliches Gewicht gewonnen."Die internationale Öffentlichkeit wird genau verfolgen, wie wir mit der NS-Geschichte umgehen".

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