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Berlin: SPD auf Piratenkurs

Parteitag soll Beschlüsse zur Rente fassen, aber auch zum freien Fluss der Informationen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Sichere Renten und Informationsfreiheit sind zwei Dinge, die nicht unbedingt zusammengehören. Trotzdem traut sich die Berliner SPD, beide Themen auf einem Parteitag am Sonnabend abzuhandeln. Mit einer Rentenpolitik, die Altersarmut verhindern soll, wollen sich die Genossen in der Hauptstadt für den Bundestagswahlkampf 2013 rüsten und ihrem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück ein bisschen Dampf machen. Aber der Leitantrag des SPD-Landesvorstands für „Partizipation und digitale Teilhabe“ wird bei jüngeren Leuten und engagierten, nach Teilhabe und Wissen dürstenden Bürgern wohl mehr Interesse wecken.

Darin wird zum Beispiel gefordert, den Berlinern „grundsätzlich freien Zugang zu den vorhandenen Informationen der öffentlichen Verwaltung“ zu gewähren. Die Daten und Dokumente des Senats sollten weitestmöglich öffentlich und frei zugänglich sein. Als Vorreiter einer Bürgerbeteiligung – in Augenhöhe mit den Behörden – bietet sich nach Meinung der Sozialdemokraten die Raum- und Verkehrsplanung an. Darüber hinaus sollten das Berliner Amtsblatt und das Gesetz- und Verordnungsblatt „digital und in einer freien Lizenz“ verfügbar werden.

Die Plenarsitzungen des Abgeordnetenhauses und Ausschusssitzungen sollten online live übertragen und die Internetauftritte des Parlaments, der Senats- und Bezirksverwaltungen modernisiert werden. Und als App fürs Smartphone zugänglich sein. Dazu passt die Forderung der Landes-SPD nach Onlinepetitionen (Bürgerbeschwerden) nach dem Vorbild des Bundestags. Vorgeschlagen wird außerdem ein „Policy-Tracker“. Das ist ein Internetportal, mit dem das Stadium von Gesetzgebungsverfahren schnell und einfach verfolgt werden kann.

Die Sozialdemokraten haben mit ihrem Antrag aber nicht nur die politische Teilhabe im Visier, sondern auch Bildung, Wissenschaft und Kultur. Die Bestände der Museen und Bibliotheken sollten umfassend digitalisiert und auf diese Weise „weltweit kostenfrei“ erschlossen werden. Eine Kommission aus Vertretern der Hochschulen, Museen, Archive und Bibliotheken müsse eingerichtet werden, um dafür eine Strategie zu entwickeln. Das piratenmäßige Fazit der Berliner SPD: „Der Zugang zum Internet ist ein Bürgerrecht“, auch für einkommensschwache Schichten. Deshalb sei der Aufbau eines kostenfreien W-Lan-Netzes nicht nur an zentralen Orten der Stadt notwendig. Ein Projekt, das über ein Versuchsstadium mit Unterstützung privater Sponsoren bisher nicht hinauskam.

Bevor die SPD-Delegierten dies beschließen und über eine „solidarische und gerechte Alterssicherung“ diskutieren, wird ein prominenter Gast zu ihnen sprechen: Der Erste Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz (SPD). Voraussichtlich wird aber er nicht über die – seit fast 50 Jahren geführte – Debatte über den Bau eines Großflughafens im nördlich der Hansestadt gelegenen Kaltenkirchen reden. Ulrich Zawatka-Gerlach

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