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Berlin: SPD benennt Polizeichef – Linke stimmt dagegen

Innensenator Körting setzt sich im Senat mit Kandidaten Udo Hansen durch. Amtsantritt erst nach Urteil über Konkurrentenklage

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Der ehemalige Leiter des Bundesgrenzschutzpräsidiums Ost, Udo Hansen, wird neuer Polizeipräsident. Das entschied am Dienstag der Senat, allerdings nur mit den Stimmen der SPD-Mehrheit im Kabinett. Die Senatorinnen der Linken, Carola Bluhm und Katrin Lompscher, lehnten den Personalvorschlag des Innensenators Ehrhart Körting (SPD) ab. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) war nicht anwesend.

Die Ernennung Hansens wird erst dann rechtskräftig, wenn ihm die Ernennungsurkunde ausgehändigt wird. Damit werde der Senat bis zum Abschluss anhängiger Rechtsstreitigkeiten warten, sagte Senatssprecher Richard Meng. „Aus Respekt vor der Justiz.“ Vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) ist eine Klage des Leiters der Polizeidirektion 1, Klaus Keese, gegen das Auswahlverfahren anhängig. Er hatte sich ebenfalls für das Amt des Polizeipräsidenten beworben. Wenn das OVG als letzte Instanz das Eilverfahren abweist, kann Hansen sein neues Amt antreten. Bis zur Entscheidung werde es nicht allzu lange dauern, hieß es aus Justizkreisen.

Körting lobte im Senat seinen Favoriten Hansen als „den mit Abstand qualifiziertesten Bewerber“. Über die Personalie sei nur „relativ kurz“ diskutiert worden, berichtete der Senatssprecher nach der Sitzung. Der Innensenator habe seinen Vorschlag sehr überzeugend begründet. Der Fraktionschef der Linken, Udo Wolf, ist anderer Meinung. Er bedauerte den Senatsbeschluss. Die Biografie Hansens lasse viele Fragen offen. Mit dem Leitbild einer modernen und bürgernahen Großstadtpolizei sei das, was über den designierten Polizeipräsidenten bekannt sei, schlecht vereinbar.

Heftig kritisiert wurde die Personalentscheidung von der Opposition. Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann warf dem Senat vor, bei der Besetzung wichtiger Stellen „sein Handwerk nicht zu verstehen“. CDU-Sicherheitsexperte Robbin Juhnke warf Körting vor, mit der umstrittenen Personalauswahl das Amt des Polizeipräsidenten zu beschädigen. Und es bleibe fraglich, ob das intransparente Verfahren „nach Aktenlage“ den rechtlichen Voraussetzungen genüge. FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo sprach von einer Posse. Hansen müsse sein Amt mit einer schweren Vertrauenshypothek antreten. Jotzo rief aber dazu auf, ihm „eine faire Chance“ zu geben.

Hansen war bereits 2001 als Nachfolger des einstigen Polizeichefs Hagen Saberschinsky im Gespräch, obwohl er sich nicht offiziell beworben hatte. Schon vor zehn Jahren galt er in Expertenkreisen einerseits als durchsetzungs- und führungsstark, aber auch als Hardliner und Querdenker mit einem schillernden Werdegang. Für Grüne und PDS inakzeptabel. Letztlich entschied sich Rot-Rot vor neun Jahren überraschend für Dieter Glietsch, der im Mai in den Ruhestand ging.

Der 58-jährige Hansen ist SPD-Mitglied, war zuletzt als Sicherheitsberater für den EADS-Konzern in Saudi-Arabien tätig. Während seiner Amtszeit als Leiter des Bundesgrenzschutzes in Frankfurt am Main wurde ihm 1999 ein überhartes Vorgehen bei der Abschiebung von Asylbewerbern vorgeworfen. Momentan tritt er nicht öffentlich in Erscheinung. Der unterlegene Kandidat Klaus Keese wollte sich nicht äußern. Sein Anwalt Klaus Herrmann bekräftigte aber, die Entscheidung des Senats anzufechten. In Polizeikreisen wird die lange und schwierige Suche teilweise mit Kopfschütteln verfolgt. Bei der Bewertung des Ex-Grenzschützers Hansen halten sich Beamte zurück. Klaus Hübner, von 1969 bis 1987 Polizeipräsident in West-Berlin, kritisierte, ein „Schaden für das Amt“ entstehe dadurch, dass der Behördenchef nicht mehr durchs Abgeordnetenhaus gewählt werde. Zu seiner Zeit war das anders. „Für mich war eine Wahl durch das Landesparlament damals Voraussetzung, den Posten anzunehmen“, sagte Hübner, der lange in der SPD aktiv war.

Derzeit wird die Behörde mit knapp 22 000 Beschäftigten, davon 16 000 Vollzugsbeamte, kommissarisch von der Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers geführt. Die Juristin, die diese Stelle seit März 2010 innehat, hatte sich selbst nicht auf die Glietsch-Nachfolge beworben.

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