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Jan Stöß (links), SPD-Parteichef in Berlin, ärgert sich über Äußerungen des Berliner CDU-Chefs Frank Henkel.

© dpa

SPD-Chef Jan Stöß über CDU in Berlin: „Da muss sich unser kleiner Koalitionspartner keine Sorgen machen“

Nach dem Interview des Berliner CDU-Chefs Frank Henkel im Tagesspiegel gibt es auch vom Koalitionspartner Kritik – vor allem an seinen Aussagen zum angeblichen Führungsvakuum in der SPD, zur Flüchtlingspolitik und zur Früheinschulung.

Von Sandra Dassler

Der Berliner SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß hat Äußerungen von CDU-Innensenator Frank Henkel über ein angebliches Führungsvakuum in der Berliner Sozialdemokratie scharf zurückgewiesen. „Die Berliner SPD steht geschlossen hinter dem neuen Regierenden Bürgermeister Michael Müller“, sagte er. Henkel hatte in einem Interview im Tagesspiegel am Sonntag unter anderem geäußert, dass zwischen dem künftigen Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Fraktionschef Raed Saleh und Parteichef Jan Stöß „die Führungsfrage weiterhin nicht geklärt sei“.

Das wies Stöß ebenso zurück wie die von Henkel geäußerte Besorgnis, die „ungeklärte Machtfrage in der SPD“ könne die Arbeit des Senats beeinträchtigen: „Nach dem eindeutigen und erfolgreichen Mitgliedervotum führt die SPD auch wieder in den Umfragen, diesen Weg werden wir fortsetzen“, sagte er. „Da muss sich unser kleiner Koalitionspartner keine Sorgen machen.“

Die SPD-Fraktion wird den Senat weiter unterstützen

Die Vizefraktionschefin der SPD im Abgeordnetenhaus, Ülker Radziwill, bezeichnete Äußerungen von Henkel, wonach es in der SPD drei Machtzentren gebe, als Wunschdenken. „Die SPD–Fraktion wird den Senat weiter in bewährter Art unterstützen. Wer die Führung in der Landespartei hat, ist nach der Abstimmung der Basis klar entschieden.“

Der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Spandauer SPD-Kreischef Swen Schulz ist der Ansicht, dass Frank Henkel mit dem Hinweis auf die angebliche Zerstrittenheit in der SPD „einen eher verzweifelten Versuch unternimmt, davon abzulenken, dass er und die ganze Union in den vergangenen Wochen kaum wahrgenommen wurden“. Schulz sagte dem Tagesspiegel: „Die Führungsfrage in der SPD ist nach dem eindeutigen Votum der Basis aber so was von geklärt, dass Henkel nur noch das Haar in der Suppe suchen kann.“

Im Gegensatz zum Innensenator ist er nicht der Ansicht, dass es innerhalb der Sozialdemokratie keine geeigneten Kandidaten für das Amt des Finanzsenators gibt, aber eine Außenlösung sei auch möglich. „Mir ist aber vor allem nicht klar, was Henkel mit dem von ihm geforderten Neuanfang meint“, sagte Schulz weiter. „Das würde ja bedeuten, dass die Koalition und damit auch er alles falsch gemacht hätte.“ Sicher könne man jetzt einiges nachjustieren, es dürften aber keine grundlegenden Dinge aus dem Koalitionsvertrag infrage gestellt werden.

Berlin kann keinen weiteren Stillstand vertragen

„Frank Henkel hatte als CDU-Chef und Innensenator schon drei Jahre Zeit, um wichtige Entscheidungen für Berlin zu treffen, etwa für den öffentlichen Dienst“, kritisiert der parlamentarische Geschäftsführer und Innenexperte der Grünen im Abgeordnetenhaus, Benedikt Lux. Da gehe es nicht nur um mehr Geld und Personal für Polizei und Feuerwehr, sondern auch um Nachwuchsgewinnung oder Quereinstieg für andere Berufsgruppen. „Vor allem in den Mangelbereichen Gesundheit, Bau, IT und in den Bezirksämtern kann Berlin keinen weiteren Stillstand vertragen“, sagt Lux.

Seine grüne Parteikollegin, die Migrationspolitikerin Canan Bayram, findet, dass sich beim Thema Flüchtlinge etwas ändern muss. „Es ist gut, dass sich im Senat die Einsicht durchgesetzt hat, dass im nächsten Haushalt Gelder für die Flüchtlingsunterbringung bereitgestellt werden“, sagt sie. Henkels Äußerung, wonach man keine Vorzugsbehandlung einzelner Flüchtlinge zugelassen habe, kritisiert sie: „In Wahrheit wurden die Flüchtlinge vom Oranienplatz schlechter behandelt als andere, weil sie am Ende nicht einmal einen Bescheid über ihr Verfahren oder ihren Status erhalten haben.“

Der frühere Fraktionschef der Piraten im Abgeordnetenhaus, Oliver Höfinghoff, findet, dass Henkel „immer auf Regeln poche, dabei aber den menschlichen Aspekt vergesse – ohne den man keine erfolgreiche Flüchtlingspolitik machen kann“.

Früheinschulung fördert viele Kinder

Kritisiert wurde auch Henkels Forderung, die Früheinschulung noch in dieser Legislaturperiode abzuschaffen. „Für uns steht im Mittelpunkt, dass die einzelnen Kinder zum richtigen Zeitpunkt eingeschult werden“, sagte ein Sprecher der Bildungsverwaltung. Für Kinder, für die es besser sei, ein Jahr länger in der Kita zu bleiben, habe man die Rückstellung zunächst wieder eingeführt und jetzt noch einmal erleichtert. Deshalb sei es wenig sinnvoll, „wieder mit einer neuen Reform Unruhe in die Grundschulen und Kitas zu bringen“.

Dieser Ansicht ist auch der Bildungsstadtrat von Friedrichshain- Kreuzberg, Peter Beckers (SPD). „Es gibt ja die Option, die Kinder zurückstellen zu lassen“, sagt er. „Aber gerade bei uns im Bezirk können viele Kinder durch die Früheinschulung sehr viel besser gefördert werden als in der Kita.“

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