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Zum Gähnen? In Berlin sollen Bäder und Zoos nun zu Event-Orten werden.

© dpa

SPD-Fraktion diskutiert in Friedrichsfelde: Tierpark-Fans lehnen Spaßbad ab

Es könnte so gut zusammenpassen: Tiere gucken und Baden gehen. Das findet auch der neue Zoochef Andreas Knieriem. Bäderchef Ole Bested Hensing hält sich da lieber raus.

Der Tierpark darf nicht baden gehen, da sind sie sich die rund hundert Gäste im Tierpark-Hotel am Mittwochabend einig. Die SPD-Fraktion hat zum Tierpark-Dialog eingeladen. Es geht an diesem Abend darum, welche Strategien es gibt, um den Tierpark attraktiver zu gestalten, wie mehr Besucher angelockt werden können. Und dann ist da noch diese eine Frage, die auf der Einladung steht und vorab viel Aufregung verursacht hat: „Kann die Errichtung eines Familien- und Erlebnisbades für Synergieeffekte sorgen?“

Vor allem Tierparkfans und Anwohner sind gekommen, eher etwas ältere Jahrgänge. Manche von ihnen haben vor 60 Jahren mitgeholfen den Tierpark aufzubauen, wie sie stolz erzählen. Nach der Wende hätten sie oft bangen müssen, ob ihr Tierpark vielleicht dicht gemacht würde. Für sie war der Tierpark immer unantastbar; er steht für das positive Erbe des alten Ost-Berlins. Sie wollen bessere Wegebeschilderungen, bessere Gastronomie, schönere Gehege und was sie gar nicht brauchen, das ist ein Spaßbad.

Nach dem Badespaß geht´s durch die Gehege

Die Bäderbetriebe wollen neue familiengerechte Bäder bauen. Für zwei wird wahrscheinlich genug Geld da sein in den nächsten Jahren, eins im Westen der Stadt, eins im Osten. Ob der Tierpark den Zuschlag erhält, ist völlig offen. Auch das Sommerbad Pankow ist ein möglicher Standort.

Für das weitläufige Gelände des Tierparks wäre es eine Chance, mehr Gäste anzulocken und das hohe Defizit abzubauen. Nach dem Badespaß könnten die Besucher noch durch die Gehege schlendern.

Seit mehr als einem Jahr geistert die Idee durch die Berliner Öffentlichkeit. Damals war Andreas Knieriem noch designierter Zoochef und erfuhr davon erst aus der Zeitung. Bei einem Treffen mit den Förderern des Zoos und Tierparks hat er daraufhin geunkt: „Ich weiß nicht wie das aussehen soll. Soll man dann bei den Löwen baden?“

Nicht immer nur: Zoo, Zoo, Zoo

Raed Saleh, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, muss am Mittwochabend anfangs den Dompteur spielen. Er ist sichtlich bemüht, die skeptische Menge zu besänftigen. „Zoo und Tierpark müssen sich auf Augenhöhe begegnen“, sagt er. Saleh, der Spandauer, weiß, was er hier im Osten sagen muss: Zu lange habe die alte West-Berliner Mentalität vorgeherrscht, nach der es „immer nur hieß: Zoo, Zoo Zoo“, sagt er. Aber für ihn gebe es nur Zoo und Tierpark. Und das Spaßbad? „Ich könnte mir das im oder am Tierpark vorstellen“, sagt Saleh vorsichtig, doch dann wird er auch schon unterbrochen. „Am!“, raunen einige im Zuschauerraum. Saleh grinst: „Im oder am – lassen sie uns darüber später diskutieren.“

Für Ole Bested Hensing, Chef der Berliner Bäder-Betriebe, muss es sich auf dem Podium so anfühlen, als sei er schon längst in den Wassergraben der Löwenanlage hinabgestiegen. Er hatte damals die Schwimmbadidee mit aufgebracht und er weiß, dass er hier und heute damit nicht auf viele Sympathien stoßen wird. „Ich weiß gar nicht was ich hier mache“, sagt er, als er ans Mikrofon tritt. In der letzten Reihe raunt jemand: „Dit fragen wir uns och.“

Ein Spaßbad, das wollen sie hier nicht haben, schon gar nicht auf Kosten ihres Tierparks. Hensing versucht es mit Galgenhumor: „In Berlin darf man kein Spaß haben und deswegen darf man auch kein Spaßbad bauen.“ Und er hat Erfolg – die Menge lacht. Freibäder gebe es genug, sagt Hensing. Es fehle ein Schwimmbad, in dem Familien mit Kindern tagsüber länger verweilen könnten.

Ohne den Tierpark geht gar nichts, sagt Knieriem

Knieriem springt ihm bei: „Ich habe anfangs auch gedacht, das löst kein einziges Problem im Tierpark, aber einige Probleme der Bäder.“ Aber von den 160 Hektar des Tierparks seien nur rund 110 genutzt. „Es gibt Flächen, über die wir nachdenken können und die wir abgeben können“, sagt er. Es gehe auch nicht darum, dem Tierpark Gelder wegzunehmen, sondern ihn zu entwickeln und Synergien zu schaffen. Die Menge schweigt.

Ihm sei vor allem die Frage wichtig, wie man den Tierpark sanieren könne, sagt Knieriem, und nicht ob, denn ohne Tierpark gehe es gar nicht mehr. „Der Zoo ist mit drei Millionen Besuchern jährlich schon ausgelastet. Hätten wir den Tierpark heute nicht, müssten wir über seine Gründung nachdenken.“

Es ist den Tierpark-Anhängern anzumerken, dass sie froh sind, solch ein klares Bekenntnis zu bekommen. Und auch Saleh nutzt die gute Stimmung am Ende noch einmal, um die Menge für sich zu gewinnen. „Sie haben sich heute Ihren Tierpark zurückerobert.“

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