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Berlin: SPD-Fraktion lässt sich analysieren

Parteienforscher kamen zur Klausur nach Rostock

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der SPD-Fraktions- und Landeschef Michael Müller hat seine Partei davor gewarnt, sich zunehmend mit sich selbst zu beschäftigen. „Dafür sind wir nicht da, wir müssen mit unseren politischen Inhalten punkten“, sagte er zum Auftakt einer Klausurtagung der Abgeordnetenhausfraktion gestern in Rostock. Müller spielte damit auf die vermehrte Grüppchenbildung und auf innerparteiliche Kontroversen zwischen dem linken und rechten SPD-Flügel nach der Wahl im September 2006 an. Im Zuge der bevorstehenden Haushaltsberatungen dürfe die SPD auch nicht die seit 2002 erworbene finanzpolitische Kompetenz verspielen, so Müller.

Berlins SPD-Chef forderte die Genossen „nach der schwierigen Senatswahl und den zurückliegenden aufregenden Wochen“ nachdrücklich dazu auf, geschlossen aufzutreten. Das sei die Stärke der Berliner Sozialdemokraten in den letzten fünf Jahren gewesen. „Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen, wenn von außen Gegenwind kommt“, sagte Müller in seiner Eingangsrede. Davon hänge der Erfolg der wiedergewählten rot-roten Koalition ab. Der Regierungspartner PDS sei nach dem schlechten Abschneiden bei der Abgeordnetenhauswahl 2006 in einer schwierigen Situation. „Da muss sich einiges erst einspielen.“

Der Wahlforscher Richard Hilmer (vom Instititut Infratest dimap) bestätigte den Sozialdemokraten auf der Klausurtagung zwar, dass sie bei der Abgeordnetenhauswahl klar gesiegt hätten, trotzdem sei es nicht gelungen, das Wählerpotenzial der SPD auszuschöpfen. Auch seien das Wahlprogramm und die langfristige Parteienbindung für den Wahlerfolg entscheidender gewesen als der populäre Spitzenkandidat Klaus Wowereit. Und die Wähler hätten, so Hilmer, ein „nüchternes Urteil“ über die Regierungsbilanz von Rot-Rot gefällt. Dass die SPD-geführte Koalition wiedergewählt worden sei, habe viel damit zu tun, dass der Hauptkonkurrent CDU in einer so schlechten Verfassung sei. Nach Einschätzung des Wahlforschers Gero Neugebauer wäre die Berliner SPD durchaus in der Lage, neben der traditionellen Klientel auch neue Wählerschichten anzusprechen. Doch dafür müssten sich ihr Mobilisierungsvermögen und die Kompetenzwerte verbessern. Der ARD-Wahlmoderator Jörg Schönenborn setzte noch einen drauf: Bundesweit sei das Verhältnis zwischen Wählern und Politik inzwischen „schwerwiegend gestört, teilweise sogar zerrüttet“. Davon seien vor allem die Volksparteien SPD und CDU betroffen.

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