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Dr. Jur. Jan Stöß, Landeschef der SPD.

© Kai-Uwe Heinrich

SPD-Landeschef Stöß: Wowereits Punchingball

Der Regierende Bürgermeister hat die Affäre um seinen Kulturstaatssekretär zwar noch nicht richtig verdaut. Er stichelt trotzdem gegen den aufmüpfigen SPD-Landeschef Stöß, der aber ziemlich fest im Sattel sitzt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es ist nicht das erste Mal, dass Jan Stöß was auf die Nase kriegt. Der SPD-Landeschef ist, seitdem er den Rücktritt des Kulturstaatssekretärs André Schmitz erzwungen hat, zum Punchingball des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit geworden. Vor zwei Wochen sprach ihm der Regierungschef in einem Interview die Fähigkeit zum Krisenmanagement ab. Am Donnerstag gab Wowereit dem Parteifreund Stöß in der Parlamentssitzung eins mit, weil dieser die Einladung des Buchautors Thilo Sarrazin beim Berliner Ensemble kritisierte. „Landesvorsitzende können erzählen, was sie wollen, das gilt für Herrn Stöß wie für Herrn Lauer“ (der neue Piraten-Kapitän).

Der SPD-Landesvorsitzende will das herabsetzende Mobbing des Regierenden Bürgermeisters nicht kommentieren. Ignorieren kann er es trotzdem nicht, auch weil sich die zweite Säule der sozialdemokratischen Regierungsmacht, die SPD-Fraktionsspitze, während der Schmitz-Affäre auf die Seite Wowereits schlug. Es sei „sehr schwierig gewesen, dass sich Parteigremien mit der Sache befassten“, kritisierte der einflussreiche Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider im Februar vor Dutzenden Journalisten im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. Und fügte hinzu: „Wir hätten es uns gewünscht, dem Staatssekretär Schmitz die Möglichkeit zu geben, allein (über seinen Rücktritt) zu entscheiden“.

Befremden über Klaus Wowereit

Der SPD-Fraktionschef Raed Saleh sprach in jenen Tagen parteiintern sogar vom Versuch eines „Mini-Putschs“ des Landeschefs Stöß. Doch angeblich sind diese Dissonanzen wieder verklungen, die Zeit heilt Wunden und gibt Raum für klärende Gespräche. Außerdem sind nicht wenige Genossen an der Parteibasis befremdet, dass Wowereit es sich nicht verkneifen kann, gegen den führenden Kopf der Berliner Partei heftig zu sticheln, um alte Rechnungen zu begleichen. Das sei „unsouverän“, ist zu hören. Stöß, der im Juni 2012 gegen den Willen Wowereits zum neuen SPD-Landeschef gewählt wurde, kann auch deshalb entspannt bleiben, weil er auf dem Parteitag am 17. Mai aller Voraussicht nach für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt wird. Und seit November 2013 sitzt er auch im SPD-Bundesvorstand.

Schon seit Wochen verhandeln die Parteiführung und die zwölf SPD-Kreisverbände intensiv an einem Personalkonzept für den neuen Landesvorstand, das möglichst viele zufrieden stellt. In diese Gespräche ist Fraktionschef Saleh eng eingebunden. Schließlich ist er, wie auch Stöß, ein großer Meister der innerparteilichen Mehrheitsfindung. Nur der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat damit gar nichts zu tun, er muss seine Partei so akzeptieren, wie sie ist.

„Ihr wisst ja, ich bin flexibel“, hatte er schon 2012 gesagt, als Stöß neuer SPD-Chef wurde. Inzwischen ist es eher so, dass die Genossen flexibel und geduldig sein müssen, um ihrem Regierungschef noch bis 2016 den nötigen Respekt zu erweisen, der ihn im Amt hält. Dem Fraktionschef Saleh fällt das erkennbar leichter als dem Landesvorsitzenden Stöß, der bei einem vorzeitigen Abgang Wowereits wohl die besseren Chancen hätte, SPD-Spitzenkandidat für die nächste Wahl zu werden. Mit einem freundlichen Empfehlungsschreiben des Regierenden Bürgermeisters könnte er in diesem Fall allerdings nicht rechnen.

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