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Berlin: SPD streitet vor Bildungsparteitag über Privatschulen

Parteilinke will, dass freie Schulen nicht „als Fluchtort“ vor staatlichen genutzt werden

Vor dem SPD-Bildungsparteitag am kommenden Sonnabend haben sich die linken Kräfte durchgesetzt. Im jetzt vorliegenden Beschlussentwurf finden sich deutliche Seitenhiebe gegen die Privatschulen. Zudem wird die Gemeinschaftsschule bis zur zehnten Klasse als „bildungspolitische Perspektive“ festgeschrieben. Als weitere Ziele werden formuliert: kleinere Schulklassen in Gebieten mit sozialen Brennpunkten, Einstellung von Sozialarbeitern zur Unterstützung der Lehrer, Abschaffung der Kitabeiträge und Verzicht auf Studiengebühren.

„Staatliche Schulen müssen so finanziell und qualitativ gesichert sein, dass freie Einrichtungen nicht als Fluchtort genutzt werden“, heißt es in dem Entwurf. Auch müsse darauf geachtet werden, ob die Höhe des Schulgeldes bei den Privatschulen „grundgesetzkonform“ sei. Andernfalls müsse ihre Genehmigung „verweigert oder widerrufen“ werden.

Bildungssenator Klaus Böger (SPD) zeigte sich gestern verwundert über diese Passage. „Ich halte das für unsinnig“, sagte er auf Anfrage. Auch der jugendpolitische Sprecher der SPD, Karl-Heinz Nolte, wandte sich dagegen, Privatschulen als „Fluchtorte“ zu diffamieren. Sie seien vielmehr eine „wichtige Bereicherung der Schullandschaft“.

Beide Politiker werden sich auf dem Parteitag auch gegen die zehnjährige Gemeinschaftsschule aussprechen. „In den nächsten fünf bis zehn Jahren ist es die Aufgabe, die Qualität der Schule zu verbessern und die Lehrer zu entlasten“, so Böger. Er halte nichts davon, die Eltern derart zu verunsichern, sagte Böger, der den Eindruck hat, „dass die SPD auch noch die letzten Wähler verschrecken will“.

Im Beschlussentwurf heißt es, das gegliederte Schulsystem müsse abgeschafft werden, weil es die „soziale Ungleichheit“ reproduziere und das Potenzial der Schüler durch „zu frühe Selektion und zu wenig individuelle Förderung nicht ausgeschöpft wird“.

Diese Meinung vertritt auch die PDS. Deren bildungspolitische Sprecherin Siglinde Schaub erwartet, dass schon in der kommenden Legislaturperiode die Weichen für die Gemeinschaftsschule gestellt werden – falls es zu einer Wiederauflage der rot-roten Koalition kommt. „Wir können nicht länger warten, sondern müssen jetzt überlegen, wie das gehen kann“, sagte Schaub.

Als eine Möglichkeit der Umsetzung nannte Schaub das Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns: Dort sollen die Schüler künftig nach dem Ende der Grundschulzeit einfach in den Gebäuden der Grundschulen bleiben und weiter gemeinsam unterrichtet werden. Damit die Gebäude die entsprechenden zusätzlichen Klassen aufnehmen können, müsse man die Einzugsbereiche verkleinern, schlägt die PDS-Politikerin vor.

„Man kann eine Vision haben, aber es ist absurd, sie als Gesetz zu verordnen“, erteilt Böger derartigen Überlegungen eine Absage. Demgegenüber hält er andere Punkte des Beschlussentwurfs für begrüßenswert. So fordert er seit langem, die Kita-Gebühr – zumindest im letzten Jahr vor der Einschulung – abzuschaffen. Allerdings gibt er zu bedenken, dass derartige Vorschläge bisher immer an den Haushaltspolitikern gescheitert seien. Erfreut wäre er auch, wenn die Klassen in sozialen Brennpunkten verkleinert würden: Der Beschlussentwurf sieht vor, dass Klassen in Grundschulen mit 20, in Oberschulen mit 25 Kindern eingerichtet werden. Auch dagegen dürfte sich Widerstand der Finanzpolitiker regen.

Ohne zusätzliche Finanzmittel ist auch die Forderung, die Deutsch-Pflichtkurse für Vorschüler 20-stündig anzubieten, nicht zu verwirklichen. Bisher erhalten die Kinder nur zehn Wochenstunden. Um all die Forderungen zu finanzieren, schlagen die Parteilinken vor, den Bund stärker in die Pflicht zu nehmen.

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