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Kehraus. Soziale Projekte aus dem Quartiersmanagement gehören auf den Prüfstand, findet die CDU. Hier fegen Roma-Kinder die Okerstraße in Neukölln.

© Mike Wolff

SPD und CDU: Beim Quartiersmanagement steht Streit ins Haus

Die CDU will beim Quartiersmanagement sparen – einem SPD-Schwerpunkt. Auch der Verkauf landeseigener Flächen spaltet Rot und Schwarz.

Stadtentwicklung und Bauen – das waren in den Jahren des letzten schwarz-roten Senats (1991 bis 2001) schon einmal zwei getrennte Ressorts. Und die Verantwortung für die zwei Bereiche war verteilt auf die zwei Koalitionäre. Aus dieser Zeit wird die folgende Anekdote kolportiert, die so manches über die Spannungen in der damaligen Koalition verrät: Als der Mittelstreifen Unter den Linden neu gestaltet werden musste, wurde der Streit über die Zuständigkeit für dieses Projekt so geschlichtet: Das Haus des CDU-Bausenators übernahm die Planungen für den Abschnitt östlich der Friedrichstraße, die Angestellten der SPD-geführten Stadtentwicklungsverwaltung gestalteten das westlich gelegene Teilstück. Als sich die beiden Baukolonnen dann auf Höhe der Friedrichstraße trafen, liefen die zwei neu gestalteten Teilstücke des Mittelstreifens nicht aufeinander zu sondern so aneinander vorbei, dass die Arbeiter sie zunächst gar nicht miteinander verbinden konnten.

Weil nicht wirklich gebaut werden kann, ohne zu planen – auch wenn der politische Poker um Pöstchen und Positionen einstweilen dazu zwingt – sind die beiden Ressorts längst wieder unter dem Dach einer einzigen Verwaltung vereint. Und weil eine Vergrößerung des Senats sich schon aus haushalterischen Gründen verbietet, ist es jedenfalls auf dem Feld der Stadtentwicklung unwahrscheinlich, dass eine neuer rot-schwarze Landesregierung die beiden Ressorts wieder trennt. Zerreißproben gibt es in Fragen der Stadtentwicklung aber dennoch – Streit könnte sich dabei besonders an der sozialen Frage entzünden.

EINSATZ IM BRENNPUNKT

Wie viel Geld für soziale Dienste und Hilfen ausgegeben werden soll, das ist ein traditioneller Streitpunkt zwischen Konservativen und Linken. Und wenn es ans Sparen geht, setzen konservative Regierungen den Rotstift besonders gern hier an. So hatte der Bund bereits Ende vergangenen Jahres die Mittel zur Stabilisierung von Brennpunktvierteln („Soziale Stadt“) um drei Viertel gekürzt. Erst nach massiven Protesten auch aus CDU-geführten Ländern nahm die schwarz-gelbe Koalition die Streichung wieder etwas zurück. Auch Berlins CDU-Chef Frank Henkel glaubt, „mit weniger Geld“ auskommen zu können, zum Beispiel beim Quartiersmanagement. Außerdem soll das Geld direkt an die Bezirke fließen. Dort wisse man am besten, wo es brennt. Bisher steuert die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung das Quartiersmanagement – und das nach Auffassung der Opposition erfolglos. Eine „gruselige Bilanz“ bescheinigt die CDU gar Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD): Die sozialen Brennpunkte in der Innenstadt verfestigten sich, das Leben an den Stadträndern werde prekärer. Zumindest im Wahlprogramm forderte sie deshalb: Das Quartiersmanagement muss reformiert werden, wenn nicht gar abgeschafft.

BAU UND BOOM

Nachgerade euphorisierende Wirkung hat für die Christdemokraten die Erinnerung an den Bauboom nach der Wende. Wer bei der CDU Bauen sagt, denkt Konjunktur. So beschwört die Partei in ihrem Wahlprogramm die Zeit, als sich in Berlin allenthalben die Kräne drehten. In der Verschiebung des Schlossneubaus und in der schleppenden Entwicklung des historischen Zentrums um Molkenmarkt und Neuen Markt sieht sie „unübersehbare Warnsignale“ einer Stagnation. Auch hier nimmt die CDU die amtierende Bausenatorin Junge-Reyer unter Beschuss. An „ideologischen“ Mauern liegt das laut SPD-Stadtentwicklungsexpertin Ellen Haußdörfer aber nicht. Es sei Ausdruck des „fiskalpolitischen“ Blicks der Christdemokraten auf die Stadtentwicklung. Für die SPD habe Liegenschaftspolitik dagegen nicht nur mit Finanzen zu tun, sondern eben auch mit „übergeordneten“ sozialen und kulturellen Zielen.

Lesen Sie auf Seite 2, welche Ideen es für Tempelhof gibt.

Mieterwut. Ein größeres Angebot an Wohnungen führt zu geringeren Mietpreisen. Da sind sich SPD und CDU einig und deshalb wollen beide in Berlin wollen.
Mieterwut. Ein größeres Angebot an Wohnungen führt zu geringeren Mietpreisen. Da sind sich SPD und CDU einig und deshalb wollen beide in Berlin wollen.

© dpa

BETON FÜR DIE TEMPELHOFER FREIHEIT

Aufregung könnte deshalb auch die Entwicklung von Gebieten wie die Tempelhofer Freiheit verursachen. Die CDU, die zunächst gegen die Schließung des Flughafens mobilisierte, kritisiert die halbherzige Entwicklung des Gebietes: Zwischennutzungen bleiben ihr irgendwie suspekt – weil man auch an die wirtschaftliche Verwertung der Flächen denkt? Zwar will auch die SPD das Areal von den Rändern aus bebauen. Die CDU fordert aber auch im Süden des Areals weitere Gewerbeflächen. Andererseits spricht sie sich gegen die Errichtung einer Landes- und Zentralbibliothek auf dem Flugfeld aus. Das ist wiederum ein Lieblingsprojekt des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit. Die dazu nötigen Mittel gibt es im Haushalt sogar.

MIETEN SENKEN, ABER WIE?

Die Antwort ist eigentlich einfach: Ein größeres Angebot (an Wohnungen) führt zu geringeren (Miet-)Preisen. So weit sind sich SPD und CDU einig und deshalb wollen beide auch bauen in Berlin. Nach dem Willen der SPD sollen mindestens 30 000 Wohnungen hinzukommen, im Eigentum landeseigener Wohnungsbaugesellschaften. Denn die Mietenpolitik der eigenen Firmen kann der Senat notfalls per Weisung bestimmen. Das geht zu weit, sagen die Christdemokraten: Der Markt allein soll es richten und mehr Wohnungen schaffen – mehr nicht.

Und damit der Neubau in Schwung kommt und Wohnungen mit günstigen Mieten entstehen, soll der Senat privaten Bauträgern landeseigenes Bauland unter Marktwert überlassen. Subventionen für den Wohnungsbau gab es schon einmal zu Zeiten der letzten großen Koalition – bis Rot-Rot einen radikalen Ausstieg aus der Förderung verordnete. Ein Ausstieg aus dem Ausstieg, von dem in CDU-Reihen schon mal zu hören ist, ist für die SPD tabu. Der Vergabe billigen Baulands widersetzen sich Sozialdemokraten nicht. Aber: Diesen „Zuschuss“ soll es nicht für private, sondern für landeseigene Firmen geben und allenfalls Genossenschaften, weil sie nicht auf Profit getrimmt sind, sondern aufs Soziale.

VIELLEICHT MEHR BAUKULTUR

Von der Oppositionsbank aus hatte die CDU zwar wiederholt die „Konzeptlosigkeit“ der rot-roten Stadtplanung gegeißelt. Mit den Koalitionsverhandlungen kamen aber versöhnlichere Töne: „Deutliche Optimierungspotenziale bei der ästhetischen Qualität der Stadt“ sieht Bernd Krömer, CDU-Mitglied in der Fachgruppe. Das ist vage. Aber aus CDU- Reihen drängt niemand mit Macht in das Stadtplanungsressort. CDU-Mann Michael Braun hatte mit Zwischenrufen die Debatte um einfältige Neubauten am Hauptbahnhof und undurchsichtige Architektur-Wettbewerbe mit beschränktem Teilnehmerkreis belebt, doch er sitzt ein einer anderen Fachgruppe. So ist eher damit zu rechnen, dass mehr Baukultur aus der SPD selbst gefordert wird: Daniel Buchholz spricht sich für mehr offene Wettbewerben aus, wo auch „kleine und junge Büros eine Chance bekommen“.

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