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Berlin: SPD will Solidarität – aber nicht um jeden Preis

Vor dem Parteitag: Auch der neue Leitantrag beendet den Modernisierungsstreit nicht

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es ist kein Zufall, dass zum „Modernisierungsparteitag“ der Berliner SPD am 17. Mai nicht nur der Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee kommt, sondern auch der SPD-Fraktionschef Franz Müntefering eingeladen wurde. Denn wie im Bund streiten sich im hauptstädtischen Landesverband die Reformer mit den Traditionalisten. Es geht um den Anspruch: „Berlin erneuern“. Ein gepfefferter Leitantrag des SPD-Landesvorstands – aus der Feder der Ex-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing – wurde inzwischen entschärft. Wir dokumentieren, worum es bei dem Konflikt geht.

Einig sind sich die Berliner Sozialdemokraten, dass „ein solidarisches Gemeinwesen der unverzichtbare Leitgedanke“ der SPD bleibt. „Soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit herzustellen und die zu schützen, die auf sich allein gestellt nicht zurecht kommen, sind die zentralen Aufgaben eines handlungsfähigen Staates.“ Einig ist man sich trotzdem in dem Ziel, „die Finanzen Berlins in Ordnung zu bringen“ und Reformen anzustreben.

Aber der Weg dorthin ist umstritten. Ob die „Abkehr vom Leistungs- zum Gewährleistungsstaat“ mehrheitsfähig ist, wird sich erst auf dem bevorstehenden SPD-Landesparteitag zeigen. Die Übertragung öffentlicher Aufgaben auf private und gemeinnützige Träger ist für viele Sozialdemokraten immer noch eine schwer verdauliche Forderung.

Kein Problem hat die SPD-Basis mit der Einschätzung im neuen Leitantrag, dass „handelbare Informationen, Wissen und Kultur wichtige Entwicklungspotenziale Berlins darstellen und zu einer neuen ökonomischen Basis führen können“. Konsensfähig ist auch eine Reform der Wirtschaftsförderung, um zu verhindern, dass „dauerhafte Abhängigkeiten von Subventionen“ entstehen. Dies sei weder wünschenswert noch könne sich Berlin das leisten.

Die Privatisierung des öffentlichen Personennahverkehrs und landeseigener Ver- und Entsorgungsbetriebe – im ursprünglichen Leitantrag ausdrücklich vorgeschlagen – bleibt aber ein heikles Thema. „Dissens“ steht über dieser Passage im SPD-Antragsbuch. Die Alternativformulierung der SPD-Linken: Öffentliche Unternehmen seien dem Gemeinwohl verpflichtet. Ihre „Ausrichtung auf den internationalen Wettbewerb“ stehe dazu im Widerspruch.

Strittig bleibt auch der Vorschlag, den Beamtenstatus künftig auf Polizei, Justiz und Finanzbehörden zu beschränken, eine leistungsgerechte Besoldung und ein flexibleres Dienstrecht zu entwickeln. Auch Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst sind für viele in der SPD der falsche Weg.

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