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SPD und CDU in Berlin schließen einen Schulfrieden.

© dpa

Koalitionsverhandlungen: SPD und CDU einigen sich bei Schule und Bildung - fast

Nach langen rot-schwarzen Verhandlungen wurde am Freitagabend der wichtigste Streitpunkt vertagt: die Lehrerverbeamtung. In anderen Fragen gab es Kompromisse.

Bildungspolitik kostet viel Geld, Nerven – und Zeit. Das bestätigten die Unterhändler von SPD und CDU in Sachen Schule und Wissenschaft mit ihrer Verhandlungsrunde am Freitag. Von mittags um zwölf bis abends um 21 Uhr, neun Stunden lang, debattierten sie eine lange Liste strittiger Themen der Bildungspolitik, die im Wahlkampf von deutlichen Gegensätzen geprägt war.

Viel ist davon nach der zeitlichen Mittelstreckenverhandlung zwischen dem SPD-Mann Mark Rackles und der CDU-Frau Monika Grütters nicht übrig geblieben. Bei den zuvor absehbaren, durchaus ideologisch aufgeladenen Streitpunkten fanden Rackles und Grütters fast ausnahmslos Kompromisse. Beim „Jahrgangsübergreifenden Lernen“, kurz JüL, einer Reform, die sogar der SPD-Schulsenator Jürgen Zöllner teilweise wieder zurückgenommen hatte, soll in Zukunft das Prinzip Freiwilligkeit regieren: Schulen, die JüL wollen, sollen es praktizieren, nach einem entsprechenden Beschluss der Schulkonferenz. Das sei der CDU „ausgesprochen wichtig“ gewesen, bemerkte Rackles etwas schmallippig – tatsächlich hatte der CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel im Wahlkampf bei jeder Gelegenheit gegen JüL gewettert. Die CDU nimmt im Gegenzug hin, dass ein Lieblingsprojekt der Linkspartei, die mit 22 Millionen Euro geförderten Gemeinschaftsschulen, bleiben. Weitere werde es nur auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung der Schulträger, zumeist der Bezirke, geben, so Rackles.

Bleiben, was und wie sie sind, sollen zudem die Gymnasien – auch ein bevorzugtes Thema der CDU-Wahlkämpfer. Die Zahl der Gymnasien werde nicht verändert, betonte Grütters, auch wenn die Zahl der Schüler in Zukunft sinken werde. Bleiben soll das Losverfahren, das in Teilen die Zugänge zu den Gymnasien regelt – Rackles und Grütters packten diesen Kompromiss in das schöne Wort vom „Schulfrieden“, einer Unterbrechung der Reformserie der vergangenen Jahre im Sinne von „Stabilität“.

De facto steckte die CDU hier zurück – wie auch im Streit um eine Reform des Ethik-Unterrichts. Nicht zuletzt auf Druck der Kirchen hatten die CDU-Bildungspolitiker trotz des verlorenen „Pro-Reli“-Volksentscheids versucht, indirekt eine neue Abwahlmöglichkeit des Fachs Ethik durchzusetzen. Nach Brandenburger Vorbild sollte Religion auf diese Weise alternativ zu Ethik gewählt werden können. Doch bei der SPD habe es „keinerlei Bewegung“ gegeben, sagte Grütters – „das war der Preis, den wir für die anderen Dinge zahlen müssen“. Interpretierte man Rackles richtig, sind damit die Umsteuerung bei JüL und das Bekenntnis zu den Gymnasien gemeint.

Nur einen Streitpunkt konnten die beiden nicht beseitigen: die Lehrerverbeamtung. Die SPD war und ist dagegen. Sie hatte vor Jahren den Ausstieg aus der Verbeamtung gewagt und gehofft, damit einen bundespolitischen Trend zu setzen. Die Hoffnung hat sich nicht erfüllt – im Gegenteil. Berlin tut sich schwer mit der Anwerbung von Lehrern auf den bundesdeutschen Arbeitsmarkt. Deshalb plädiert die CDU dafür, zur Verbeamtung zurückzukehren. Grütters erinnerte bei der Vorstellung der Verhandlungsergebnisse am Freitagabend daran, dass der Senat bei der Einstellung von Lehrern nicht mal mit der Brandenburger Landesregierung konkurrieren könne – die verbeamtet weiterhin. Rackles wies darauf hin, dass finanziell „ein großes Risiko“ mit der Rückkehr zur Verbeamtung verbunden sei. Deshalb sollen sich die Finanzfachleute von SPD und CDU mit dem Streitpunkt befassen; sie wollen am Dienstag abschließend tagen. Wenn die den Dissens nicht beilegen, werden sich Klaus Wowereit und Frank Henkel in der Runde aller Runden, der Abschluss-Sitzung am 15. November, der Sache annehmen müssen.

Rackles und Grütters hatten darüber indes nicht so fundamental gestritten, dass ihnen die gute Grundstimmung nach der langen Sitzung vergangen wäre. Dass es „auch für uns überraschend lange“ gedauert habe, zu Ergebnissen zu kommen, erklärte Rackles damit, dass der landespolitisch „teuerste Bereich“ besprochen worden sein. Und Geld soll weiterhin strömen: in zusätzliche Kita-Plätze, in neue Studienplätze, in Erzieherstellen – das alles nach Bedarf. Studiengebühren soll es weiterhin in Berlin nicht geben.

Offenbar streitfrei absolvierten Rackles und Grütters die Wissenschaftspolitik. Da erinnerte die CDU-Kultur- und Wissenschaftsfachfrau noch mal gerne an das am Montag von Bundesbildungsministerin Annette Schavan angekündigten Projekt zur Finanzierung der Charité. Die soll in einen Verbund mit dem Max-Delbrück-Centrum gebracht und mit beträchtlichen Bundeshilfen finanziert werden – wenn alles so klappt, wie Schavan und Grütters sich das vorstellen.

Den Erfolg reklamierte Monika Grütters widerspruchslos für die Christdemokraten: Diese hätten ein wissenschaftspolitisches „Bekenntnis zur Hauptstadt“ gegeben.

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