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Berlin: Spektakuläre Flucht im Kriminalgericht

Häfling schlug Wachtmeister nieder und verschwand spurlos im Gebäude. Hundertschaft riegelte Haus ab, Angestellte verschanzten sich in Büros.

Polizisten auf allen Treppenabsätzen und in enger Reihe rund um das Gebäude. Totenstille auf den Fluren, weil sich die Angestellten aus Angst vor einer möglichen Geiselnahme in ihren Büros einschlossen: Ausnahmezustand herr schte gestern am späten Nachmittag im Kriminalgericht Moabit nach der Flucht eines gerade verurteilten Häftlings aus einer so genannten Vorführzelle. Rund zwei Stunden war das Haus hermetisch abgeriegelt. Zahlreiche Gerichtszeugen und Zuschauer durften es in dieser Zeit nicht verlassen und saßen dort unfreiwillig fest.

Der 25-jährige Häftling Fadi T. war am Abend noch immer nicht gefasst. Wegen Autoschieberei hatte ein erweitertes Schöffengericht gegen ihn am Nachmittag um 16 Uhr im Saal 504 das Urteil gesprochen: drei Jahre und zwei Monate Freiheitsstrafe. Bereits seit Sommer vergangenen Jahres saß er in Untersuchungshaft. Auf dem Weg zurück in seine Zelle wurde der Mann zunächst in eine Vorführzellen im für normale Besucher nicht zugänglichen Bereich zwischen Gerichtsgebäude und Untersuchungshaftanstalt gebracht. Dort überwältigte der Häftling den Justizbeamten, der ihn begleitete. Wie das genau geschah, war gestern Abend noch nicht geklärt. Eine Waffe, die der Täter hätte mitnehmen können, hatte der Vollzugsbeamte nicht.

Danach flüchtete Fadi T. nach ersten Ermittlungen erst zurück in den inzwischen leeren Gerichtsaal 504 und von dort in die weitverzweigten Flure des Gebäudes, in denen sich Ortsfremde schnell verirren können. Als seine Flucht bemerkt wurde, schrillten die Alarmsirenen, und alle Bediensteten wurden aufgefordert, sich wegen einer möglichen Geislenahme in ihren Zimmern zu verschanzen. Zugleich durchkämmte eine Hundertschaft der Polizei das Haus und sperrte es nach Außen strikt ab. Nur Richter, Anwälte und Justizbeamte durften es mit Dienstausweis über einen Hinterausgang verlassen.

Zunächst wurde vermutet, der Häftling könnte sich im Gerichtsgebäude versteckt halten. Möglicherweise blieb ihm aber genug Zeit, um auf normalen Weg das Haus zu verlassen. Bis der niedergeschlagene Justizbeamte Alarm schlagen konnte, seien „sicherlich einige Minuten vergangen“, sagte Justizsprecher Arnd Bödeker. Diese könnten ausgereicht haben, unerkannt das Gericht zu verlassen.

Die im Haus festsitzenden Zeugen und Zuschauer ließ die Polizei kurz nach 18Uhr gehen. Der überwältigte Beamte war gestern Abend noch im Krankenhaus. Laut Justizverwaltung hat er einen Schock erlitten. weso/K.G.

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