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Spektakuläre Verbrechen: Auch in Berlin gab es Schießereien wie bei Al Capone

Eine Auflistung der wohl berühmtesten Verbrecher in der Berliner Stadtgeschichte zeigt: Nicht alles, was unrecht ist, ist auch schlecht. Mancher Coup bot schon Stoff für Literatur und Film. Von bösen Buben und sympathischen Outlaws.

CARL SCHURZ

Das war filmreif: Pistolen im Gürtel, Gummischuhe gegen Lärm, ein bestechlicher Wärter – alles dabei. Am 6. November 1850 befreite der revolutionäre Student Carl Schurz seinen gleichgesinnten, als Demokraten eingekerkerten Professor Gottfried Kinkel aus dem Spandauer Zuchthaus. Der Fall machte gewaltiges Aufsehen, wurde für Berlins Polizeipräsidenten von Hinckeldey zum Anlass für eine Reform der Kripo. Aus dem studentischen Revoluzzer aber wurde später ein geachteter Innenminister – in den USA.

HAUPTMANN VON KÖPENICK

Straftätern werden am Tatort nur selten Denkmäler aufgestellt. Am Köpenicker Rathaus aber ist dies geschehen: Wilhelm Voigt in Bronze, der „Hauptmann von Köpenick“ in Uniform, ganz so, wie er am 16. Oktober 1906 einen Trupp Soldaten von der Straße weg unter sein Kommando stellte, nach Köpenick fuhr und „auf Befehl Sr. Majestät“ das Rathaus besetzte, Bürgermeister und Hauptkassierer verhaftete und sich die Rathauskasse aushändigen ließ – feinster Stoff für Dramatiker und Filmregisseure.

GEBRÜDER SASS

Die Disconto-Gesellschaft am Wittenbergplatz war ihr Meisterstück. Wochenlang hatten sich Franz und Erich Sass vom Nachbarhaus aus zum Tresorraum vorgegraben, waren am 27. Januar 1929 eingedrungen, hatten die Tür von innen verkeilt und in aller Ruhe die Schließfächer geleert. Nach der Millionenbeute haben noch vor wenigen Jahren Hobbyschatzsucher in Schildhorn, dem angeblichen Versteck, vergebens geforscht. Bislang letzte Verfilmung des Stoffs: 2001 mit Ben Becker und Jürgen Vogel.

S-BAHN-MÖRDER

Die S-Bahn-Strecke zwischen Rummelsburg und Friedrichshagen sowie ein nahes Laubengelände waren zwischen 1939 und 1941 Schauplatz für eine Serie von 31 versuchten und vollendeten Vergewaltigungen, sechs Mordversuchen und acht Morden an Frauen. Nach großem Fahndungsaufwand konnte der Reichsbahner Paul Ogorzow als Täter überführt werden. Sieben Opfer hatte er nachts erst mit einem Bleikabel niedergeschlagen, sich an ihnen vergangen und sie dann aus dem fahrenden Zug geworfen.

GLADOW-BANDE

Zuletzt eine einstündige Schießerei mit der Polizei, Bandenchef Werner Gladow beidhändig feuernd – fast wie Al Capone, der auch sein großes Vorbild war. Von 1946 bis 1949 war der junge Mann aus Friedrichshain in seinem Traumberuf recht erfolgreich, begünstigt durch die Sektorengrenze, das Pendeln zwischen Ost und West. Bis zu 78 Mann stark war seine Bande, deren brutale Überfälle auch zwei Menschen das Leben kostete. Thomas Brasch machte 1980 daraus den Film „Engel aus Eisen“.

BLEISTREUSTRASSE

Das Fenster des Vorführraums im alten „Filmkunst 66“ an der Charlottenburger Bleibtreustraße zierte noch jahrzehntelang ein Einschussloch – Andenken an die legendäre Schießerei am 27. Juni 1970, nach der man in West-Berlin nur noch von der „Bleistreustraße“ sprach. Klaus Speer, damals führend im hiesigen Rotlichtmilieu, hatte mit konkurrierenden Iranern eine geschäftliche Besprechung vereinbart, die im Kugelhagel endete: Ein Toter, drei Verletzte, lautete die Bilanz – plus einem beschädigten Kinofenster.

NOCH MEHR VERBRECHEN

„200 Jahre Kripo“ ist auch das Thema einer Ausstellung, die am Freitag, 13 Uhr, im Foyer des Polizeipräsidiums, Platz der Luftbrücke 6, eröffnet wird, eine Ergänzung der dortigen Polizeihistorischen Sammlung. Der Bund Deutscher Kriminalbeamten lädt um 19 Uhr zur Feier ins Adagio am Marlene-Dietrich-Platz 1, im Mittelpunkt steht die Revue „Mord & Totschlag“ (Karten für 28 Euro unter www.200jahrekripo.de oder an der Abendkasse). Mehr zum Programm in der morgigen Tagesspiegel-Ausgabe.

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