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© Uwe Steinert

Spendenaktion: Start ins Leben

Die Bürgerhilfe gibt jungen Obdachlosen ein Zuhause – und bittet um Geld für das Gruppenwohnen

Auch dieses Jahr bittet der Tagesspiegel seine Leserinnen und Leser wieder um Spenden für die Weihnachtsaktion „Menschen helfen!“. 53 Projekte und Initiativen wollen wir bedenken – und stellen in unserer Serie einige stellvertretend vor.

Zwölfmal schließen sich die Türen der S-Bahn mit einem lauten Signal zwischen Erkner und dem Ostbahnhof. „Wenn man so richtig müde ist, kann man dabei trotzdem schlafen“, sagt Ben. Zwei Nächte lang ist er in der S3 auf dieser Strecke hin und her gefahren – er wusste nicht wohin. Eigentlich war der heute 20-jährige damals, vor etwa einem Jahr, schon viel länger obdachlos. Vorher hatte er aber immer einen Schlafplatz auf einer Couch von Freunden gefunden. „Aber das ging dann nicht mehr: Bei dem einen lag das an der Freundin, der andere ist selbst obdachlos geworden.“

Ben sitzt an einem kalten Wintermorgen in einer warmen Küche – in seiner Wohngemeinschaft an der Dörpfeldstraße in Adlershof. Seit zwei Monaten hat er wieder ein Zuhause, ein Zimmer in der betreuten Gruppenwohneinrichtung der Bürgerhilfe. Insgesamt sieben junge Erwachsene zwischen 18 und 23 Jahren leben in drei Wohnungen. Erst seit September gibt es dieses Projekt für all jene, die noch nicht auf eigenen Füßen stehen, aber auch nicht mehr bei ihren Eltern wohnen können. Meist kommen sie aus Familien, die von Hartz IV leben. Viele waren wie Ben vorher obdachlos.

Die meisten sind bei ihrem Einzug noch nicht richtig im Leben angekommen. Suchtprobleme müssen bewältigt werden. „Ein angemessener Wohnraum ist für ihre weitere Entwicklung sehr wichtig,“, sagt Sozialpädagogin Andrea Jakowski, die die Einrichtung leitet. Sie sitzt mit am Tisch in Bens WG. Sie hilft bei Problemen und Anträgen – Ben und seine Mitbewohner gehen oft ins Büro der Bürgerhilfe ganz in der Nähe. Da dürfen sie auch ins Internet und das Telefon benutzen. Einmal in der Woche leiten Andrea Jakowsky oder ihre Mitarbeiterin ein Gruppentreffen in der WG: „Wir helfen ihnen, sich eine Lebensbasis aufzubauen.“ Bei Bens Mitbewohner etwa, dem 20-jährigen Sebastian, scheint das zu funktionieren: Er macht gerade sein Zimmer sauber, dann geht’s los zur Arbeit. Zum Reden hat er keine Zeit. Der 23-jährige Patrick kocht inzwischen Kaffee für sich und Ben. „Ich fühle mich hier vor allem wegen meiner Mitbewohner zu Hause“, sagt Ben und nimmt einen Schluck aus seinem Becher. Aber auch, weil er endlich ein eigenes Zimmer hat.

Inzwischen stehen darin seine eigenen Möbel: Bett, Tisch, Schrank und Stuhl. Seine roten Vorhänge lässt er gern tagsüber geschlossen. Aber im ersten Monat hat er auf einer Klappliege der Bürgerhilfe geschlafen. So lange dauerte es, bis das Jobcenter seinen Antrag bewilligte und die Kosten für Möbel übernahm. „Oft dauert das noch länger“, sagt Andrea Jakowsky. Doch auch in der ersten Zeit brauchen ihre „Klienten“, wie sie Ben und die anderen nennt, Möbel. Und dann sind auch noch Flur und Küche einzurichten. Das ist im Budget der Bürgerhilfe nicht vorgesehen. Bens, Sebastians und Patricks Wohnung ist inzwischen trotzdem eingerichtet – die Kommode im Flur ist eine Spende von einer Apotheke in der Nachbarschaft. Für Küchenzubehör und Waschmaschine hat die Bürgerhilfe ausnahmsweise gesorgt.

Aber es kommen ständig neue Bewohner hinzu. Noch diese Woche zieht der achte „Klient“ ein. Anfang 2010 stellt die Bürgerhilfe zwei weitere Wohnungen für insgesamt sechs Leute bereit. Und um die einzurichten, wird noch viel gebraucht: Waschmaschinen, Geschirr, Lampen und Gästebetten zum Beispiel. Deshalb will der Tagesspiegel mit der Spendenaktion helfen.

Seitdem Ben in die WG gezogen ist, trinke er nicht mehr so viel Alkohol, sagt er. Und er will seinen Realschulabschluss machen. „Er schafft das“, sagt Andrea Jakowski. Schließlich will er nie wieder eine Nacht in der S-Bahn verbringen.

Das Konto: Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse (BLZ 100 500 00), Konto 250 030 942. Bitte Namen und Anschrift für den Spendenbeleg notieren – auch beim Onlinebanking.

 Daniela Martens

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