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Adventsgemeinde

© Uwe Steinert

Spendenaktion: Warme Mahlzeiten und warme Worte

"Wenn man arm ist, verlassen einen alle Freunde": Das Advent-Wohlfahrtswerk in Zehlendorf lädt Arme und Obdachlose zum Mittagstisch - und braucht selbst Unterstützung.

So groß war die Resonanz noch nie: Fast 270 Vereine und Initiativen haben sich beim Tagesspiegel für die Spendenaktion „Menschen helfen!“ beworben. Wir haben 56 ausgewählt. Heute: ein Hilfsprojekt für alte Menschen.

Sven M. (Name geändert) trägt eine blaue Pudelmütze und eine Daunenjacke. Die behält er an – sogar beim Essen. Ganz so, als wäre er nur schnell mal vorbeigekommen und müsste gleich wieder weiter. Der 59-jährige blickt nach unten, auf seinen Teller Suppe. Einmal lächelt er kurz. Da sieht man nun noch wenige Zähne in seinem Mund. Der Rest? Ausgefallen, verfault. Er hat sie sich ausgebissen am Leben: Seit 1991 ist Sven M. obdachlos. Jeden Dienstag- und Donnerstagnachmittag sitzt er im Haus der freikirchlichen Gemeinde der Siebenten- Tags-Adventisten in Zehlendorf. Seit 1994 veranstaltet das Advent-Wohlfahrtswerk in Abstimmung mit der Evangelischen Paulus-Kirchengemeinde jedes Jahr von Anfang November bis Ende März einen Mittagstisch für Bedürftige.

Das warme Essen kaufen die Adventisten vom Krankenhaus Waldfrieden, zwei Bäckereien spenden ihre Backwaren vom Vortag. Ungefähr 30 Personen kommen zur Mittagszeit, die meisten sind Männer. Und alle hat es anfangs Überwindung gekostet, die fremde Hilfe anzunehmen. Wer gibt schon gerne zu, dass er nicht einmal mehr Geld für Essen hat? Die Adventisten verlangen für ein warmes Mittagessen 50 Cent, damit es nicht so sehr nach Almosen klingt. Natürlich bekommt jeder etwas, auch derjenige, der gar kein Geld hat. Aber viele zahlen den kleinen Preis gern:. „Da fühlt man sich nicht ganz so arm“, sagt einer der Männer und blickt starr in die brennende Weihnachtskerze vor ihm auf dem Tisch.

Am Nachbartisch sitzt Bernd G.. Er ist 56 Jahre alt und lebt von Hartz IV. In diesem Jahr besucht er zum ersten Mal den Mittagstisch. Nicht nur wegen des Essens, sondern auch, weil ihm Gesellschaft fehlt. „Wenn man arm ist, dann verlassen einen alle Freunde“, sagt er. Bernd G. ist Elektromechaniker, doch vor zwei Jahren verlor er seinen Job. Ohne Gehalt konnte er seine Miete nicht mehr zahlen, inzwischen ist er hoch verschuldet. Dass er momentan im Obdachlosenheim lebt, erzählt er nicht gern. Lieber spricht er von den Romanen und von der Bibel, die er so gerne liest. Zwischendurch verabschiedet sich Sven M., er schaut auf den Boden. Alkohol trinke er eigentlich nicht, sagt er. „Nur ab und zu mal eine Flasche Bier.“ Man möchte es ihm so gerne glauben.

„Hier sitzen Menschen, die jeden Halt verloren haben“, sagt Eberhard Schulze, 71. Der pensionierte Pastor besucht den Mittagstisch schon seit über zehn Jahren als Seelsorger. Gemeinsam mit seinem Kollegen, Pastor Thomas Marschner, 58, steht er für ein Gespräch zur Verfügung. „Wir drängen es niemandem auf“, sagen beide. Die Organisation des Mittagstischs liegt seit 1994 bei Gerhard Schuster von der Ortsgruppe des Advent-Wohlfahrtswerks in Zehlendorf. Gemeinsam mit seiner Frau Astrid erstellt er Arbeitspläne für die 18 Ehrenamtlichen, die in der Küche und bei der Mahlzeitenausgabe helfen und organisiert das Essen.

Den Mittagstisch für Bedürftige auch in Zukunft betreiben zu können, ist ihm sehr wichtig. Doch es fehlt an Geld. Rund 3500 Euro zahlt das Advent-Wohlfahrtswerk für Essen und Lebensmittel während eines Winters, je 2,70 kostet ein Mittagessen vom Krankenhaus Waldfrieden. Damit Obdachlose und Bedürftige auch weiterhin eine warme Mahlzeit am Tag essen können, ist das Wohlfahrtswerk dringend auf Spenden angewiesen.

Spendenaktion Der Tagesspiegel e. V., Verwendungszweck: „Menschen helfen!“, Berliner Sparkasse, Kto.-Nr.: 2500 30 942, BLZ: 100 500 00. Onlinebanking ist möglich. Bitte notieren Sie Namen und Anschrift, Spendenbelege schicken wir dieses Jahr schneller zu (www.tagesspiegel.de/spendenaktion).

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